Sonntag, 14.07.24
„Wo läufst du diesen Sommer?“ bin ich in den letzten Monaten nun doch sehr oft gefragt worden. Zuletzt im Mai in einer Aperobar in St. Gallen. Als ich gerade dem Fragesteller antworten will, sagt eine weitere Stimme von links streng: „Du läufst mal GAR nirgendwo hin, bevor du nicht deinen Rückstand vom letzten Jahr aufgearbeitet hast!“ Danke liebe Gaby K.-E. für die Erinnerung, die hier stellvertretend für viele mahnende Stimmen der letzten 11 Monate steht.
Der (Schreib-) Rückstand ist inzwischen aufgeholt, das meiste war ja schon geschrieben, aber Höhenmeter-Angaben und Bilder wollten noch rausgesucht, letzte Infos ergänzt werden. Es war ein schöner Einstieg in die neue Tour, sich nochmal so lebhaft an die letzten Tage des nördlichen Teil des GTAs zu erinnern. Auch daran, wie kaputt ich doch zum Schluss war.
Das meiste wurde hier in der friedlichen und so schönen Atmosphäre des Convent-Kloster Hotels in Susa - unserem diesjährigen Startpunkt - zusammengebaut und geschrieben:
Es klingt ja immer so klar und entschieden, wenn dann da „im Internet“ steht, jetzt läuft sie also den Südteil, das macht ja auch Sinn. Aber so klar war es tatsächlich gar nicht, das war ein ziemliches inneres und äußeres hin-und her. Das nur für alle, die manchmal an ihren Plänen zweifeln - ich hatte das diesmal auch sehr stark. Ich wollte erst gar nicht mehr auf den GTA-Weg, der Südteil wäre ja noch einsamer, hatten einige erzählt. Noch einsamer als der Norden, muss das sein? Der Mann wollte erst gar nicht mit und 5 Wochen ganz allein auf einer Tour? Ich liebe Me-Time und auch gerne ein paar Tage alleine wandern aber so lang muss es dann auch nicht sein. Und ein bisschen Rest-Respekt, vielleicht auch Angst, hing mir noch in den Knochen, weil ich letztes Jahr direkt nach dem GTA so krank geworden bin. Auch wenn das nichts mit der Tour zu tun hatte - irgendwie wollte ich da nicht mehr hin.
Es stand dann lange der Karnische Höhenweg auf dem Plan, wo ja letztes Jahr die wenigen Weitwanderer die ich getroffen hatte meinten, das wäre auf ihrer 3-monatigen Tour der schönste Teil gewesen. Da hätte ich dann meinen Bruder auch wieder auf seiner Alm besuchen können. Aber bis die gemeinsam mögliche Urlaubszeit klar war, gab es auf allen Unterkünften der Route nur noch Lager-Schlafplätze. So wollte der Mann seinen Jahresurlaub nicht ausschließlich verbringen - wir haben das aufs nächste Jahr vertagt und buchen dann ein bisschen früher.
Dann wollte ich mit Freunden einen Teil der Osttirol-Runde gemeinsam gehen und den Anfang und das Ende dann alleine, das klang nach einer guten Mischung. Das fand der Mann nicht gut, weil die da so ultralange Etappen zusammengebaut haben. „Die sind doch verrückt, mit denen gehts du auf keinen Fall!“ schimpfte er. Und ich fands nicht so motivierend, dass man da nach 30 Tagen laufen fast an derselben Stelle rauskommt, wo man angefangen hat. Eine Runde eben. Das fühlt sich dann doch zu sehr nach Sisiphus an…
Aber schön ist es glaub schon da. Es ist mal auf „die Liste“ gewandert, für mögliche künftige Weitwanderungen. Wenn ich mal so fit bin wie unsere Freunde, vielleicht auch mit denen!
Ja und dann war es an einem Sonntag im Mai, als ich allein auf den Heimgarten spaziert bin - einer unserer Münchner Hausberge. Und als ich oben stehend in die Berge schaue, ich mir plötzlich dachte, doch, ich will den GTA dieses Jahr weiter- vielleicht sogar fertig gehen. Wie unbefriedigend ist es doch, eine Weitwanderung NICHT am Meer zu beenden? Da muss ich doch noch hin!
Und wenn da noch ein bisschen Rest-Respekt in den Knochen wohnt, dann sollte man sich dem doch stellen. Beim Runterlaufen klarte der Himmel auf und mit Blick in meine Heimat Murnau und auf den Staffelsee fühlte es sich dieser Gedanke sehr sehr richtig an.
Als ich an spätabends heimkam, erzählte der Mann plötzlich, vorher lief grad eine Reportage über die Monviso-Gegend, wo welche mit dem Mountainbike unterwegs waren und das sei so irre schön gewesen. Da käme doch der GTA Süd auch vorbei, ob wir da nicht doch dieses Jahr gemeinsam laufen wollen? Und damit war es entschieden.
Die Route:
Für alle Karten-Fetischisten, da geht es planmäßig lang:
Von den 65 Etappen, die der Rother bis ans Mittelmeer plant, geht es auf Etappe 35 in Susa, eine Stunde von Turin entfernt am 15.07.24 los. Da habe ich letztes Jahr wie geplant geendet. Es fehlen von den insgesamt 1000 km und 65.000 Hm des GTAs also nur noch gute 500 km und ca. 32.000 Hm. Den Rest hab ich schon :-)
Wenn alles gut geht, könnte ich am 15.08.24 ins Meer springen! Dann wären aber keine Pausentage drin und das ist sehr unwahrscheinlich. Also ich ohne Pausentage. Irgendwo ists doch dann immer plötzlich schön und man will bleiben, oder man selbst oder das Wetter ist kaputt. Zeit hab ich bis Ende August. Der Mann plant die ersten zwei Wochen bis Etappe 48 nach Sambuco mitzulaufen.
Gestartet bin ich in einem anderen Treppenhaus als die Jahre zuvor, direkt aus einer vergnügten 8-er Mädels WG in Innsbruck, wo 4 Tage lang der europäische Kongress für Positive Psychologie stattfand. Das fachliche Gebiet, in dem ich nach meiner ersten Weitwanderung 2020 von München nach Venedig mein neues berufliches Zuhause gefunden habe. Nebenbei war es das schon länger und dann hab ich „einfach“ die Karriere mit Anfang 40 nochmal geswitched. Ich hatte diese erste Weitwanderung damals eigentlich als „Zwischenzeit“ zwischen zwei Jobs geplant, um mich beruflich neu zu sortieren und mich nach dem Sommer in München in meinem alten Bereich, der Finanzwelt, neu zu bewerben. Und hab ich mich danach stattdessen „einfach“ selbstständig gemacht und bin seitdem sehr glücklich damit. Weitwanderungen, die den ganzen Sommer dauern, lassen sich z.B. viel leichter umsetzen! In Innsbruck vorbei gekommen bin ich bei dieser allerersten Tour auch - es ist also in vielerlei Hinsicht ein guter Startpunkt.
Und es sind diesmal VIELE Menschen da, die winken :-)
Danke an Kathi, Gaby, Marcia, Laura, Alessandra (das ist übrigens die Frau, die diesen Blog neu aufgesetzt hat, nachdem ihn böse Hacker gehackt hatten vor 2 Jahren…), Lucia und Caro für euren guten-Energy-Support und das extra früher Aufstehen zum Winken. Caro hat mich noch bis zum Bahnhof begleitet und ging dann irgendwo hoch zum Morgens-auf-dem-Berg-Yoga.
Die Kongress-Party fand übrigens in Axams im Hoadl-Haus statt mit 450 Leuten gaaaanz oben auf dem Berg! Das war der Blick beim Ankommen!
Und ich habe gelernt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt auf einen Berg zu kommen als zu Fuß…
Besser kann die Sommpause also gar nicht starten und aufgetankt mit guter Kongress-Energie, vielen inspirierenden Begegnungen aus der ganzen Welt (neben den Menschen auf den Bildern waren noch 1188 andere Menschen aus 55 Ländern da) und soviel Vorfreude auf alles was da kommt, geht es am Sonntag 14.07.24 los Richtung Bahnhof Innsbruck. 9:24 Uhr Abfahrt - im Zug sitzt hoffentlich der Mann, der noch früher in München gestartet ist. Der sitzt dann da auch mit zwei Sitzplätzen, obwohl unsere Reservierungen in einem Waggon waren, der dann nicht mitfahren durfte. Da der Zug über-über-übervoll ist das schon mal ein Glücksfall.
Die Anfahrt ist nämlich lange, mit umsteigen in Verona - Mailand - Turin, jedesmal eine Stunde oder länger Aufenthalt. Das ist einer der Nachteile am GTA, man ist nicht „gleich dort“. Am Münchner Marienplatz (Startpunkt 2020) oder in Salzburg (Startpunkt 2021) da braucht es nicht einen Tag Anfahrt. Also nicht, wenn man in München wohnt. Dass ich am Bahnhof Innsbruck erstmal Antonella della Fave treffe, eine Glücksforscherin aus Mailand, die viel über Harmonie und Balance spricht und forscht - sehe ich als gutes Omen! Wir werden bis Verona gemeinsam fahren und den Kongress Revue passieren lassen. Sie ist auch als Gastdozentin in unserem Masterstudiengang Positive Psychologie, den ich in München und bald auch in Wien mitverantworten darf und meinte beim Abschied, dass sie selbstverständlich uns auch weiterhin unterstützt. Es gibt so Menschen, die haben mit allem was sie sagen eine so hohe Verbindlichkeit. Sie ist so jemand.
Am Brenner steht der Zug ein ein bisschen, in Verona verabschieden wir uns von Antonella und es ist sehr heiß, in Mailand versuche ich in einer Apotheke etwas zu erwerben, was ich in meinem Amazon-Einkaufswagen vergessen hatte zu bestellen: Ein Pfefferspray, bzw. es wird dort als Tierabwehr-spray verkauft. Genau dazu will ich es auch, das mit den Hunden war im letzten Jahr schon nicht immer lustig und ich hatte unterwegs doch zuviele Geschichten gehört, wo die Begegnung nicht immer gut ausging. Gerade wenn ich dann alleine unterwegs bin und wieder auf irgendeinen irren Hirtenhund ohne ihn zurückpfeiffenden Hirten treffe, da kann man das ja vielleicht in der Tasche dabei haben? Warum die manchmal so irre aggressiv uns angriffslustig sind, da hatte ich ja auch einen unschönen Einblick erhalten und in einem der letzten Beiträge dann doch auch erzählt.
Ich laufe also in Mailand in die Bahnhofs-Apotheke, die könnten doch sowas haben? Die Dame ist sehr nett spricht aber kein englisch. Kein Problem, mein italienisch ist ja quasi perfekt. „Ich brauch was gegen böse Tiere“, sag ich. Sie sagt, „Ja gerne, hier inscect Repellent“ und legt ein Moskito-Spray auf den Tresen. „Nein! Gegen größere Tiere!“ Sie guckt verwirrt. Wie heißt „Hund“ gleich wieder? Ach ja, CARNE (glaub ich) „Ich brauch was gegen bösen carne“, sag ich also. „Ah!“ sie nickt, jetzt hat sie mich verstanden, sie geht nach hinten und kommt kurz drauf mit was zurück?? Einer Tube Sonnenmilch!
Ihr Kollege lacht sich tot, er hat mich schon von Anfang an verstanden und es ihr versucht zu erklären, aber sie wollte sich von ihm nix erklären lassen. „Pepperspray? You want Pepperspray?“ fragt er mich jetzt direkt. Ja genau. Er übersetzt es ihr, sie sagt, fast empört, ne, das haben sie nicht. Ich kaufe eine Nagelfeile (extra leicht) und ziehe von dannen. Der Mann steht kopfschüttelnd in der Eingangstür. „Hast du jetzt eigentlich grad versucht in einer Apotheke eine Kalaschnikow zu kaufen?“ Er wird mir später vorlesen, dass der Besitz von Pfefferspray in Italien unter das Waffengesetzt fällt und der Besitz gar nicht erlaubt ist. Oh. Hätte ich fast meine dritte italienische Straftat begangen…
Wer wissen will, was die anderen beiden waren, fängt am besten an Tag 1 GTA zu lesen an. Das bietet sich sowieso an! Alles zu lesen, in der richtigen Reihenfolge. Was ursprünglich als München-Venedig-Blog, (sowas macht man doch auch nur einmal in seinem Leben?), gedacht war, hat sich jetzt irgendwie zum Fortsetzungsroman entwickelt. Ende wie jedes Jahr: derzeit völlig offen.
Also an alle Neu-Leser: Willkommen, fangt am besten bei München - Venedig an, dann Salzburg-Triest, dann GTA Tag 1 - GTA Tag 35. Morgen geht es dann wieder los mit Tag 1 GTA Süd.
In Turin haben wir länger Aufenthalt bis der Anschluss nach Susa geht, wir bummeln durch die Stadt, essen eine Kleinigkeit, es fühlt sich sehr nach Italien an. 🇮🇹
Und irgendwann am Abend erreichen wir tatsächlich nach einem ganzen Tag Anreise SUSA!
Wir laufen zum Convent-Boutique Hotel - der Tip letztes Jahr von Maria, da sei es so schön! Man läuft schon den Bergen entgegen, in die es morgen geht!
Und sie hatte recht. Die Atmosphäre dort ist so friedlich und geerdet, ich bin sofort tiefenentspannt und „innerlich angekommen“. Abends ist das Fussball-Endspiel England-Spanien, ein paar deutsche Radfahrer werden leise im Innenhof auf dem Handy das Spiel gucken, ich auf der anderen Seite in mein IPad tippen, sonst hört man nichts.
Abends gehen wir Pizza essen, der supernette Rezeptionist hat uns sein Lieblingslokal empfohlen, ich will unbedingt eine Pizza, weil letztes Jahr gab es dann 5 Wochen keine einzige.
Wir bummeln durchs nächtliche Susa, nochmal zum Triumphbogen, den ich letztes Jahr als „Endpunkt“ der Wanderung bestimmt hatte (nachdem die offizielle Route an der Tankstelle von Susa endete und mir nicht angemessen genug erschien), an den Ausgrabungsstätten vorbei und zurück ins Hotel.
Wo ich ewig in der warmen Sommernacht noch draußen sitzen werde. Spanien scheint die Fussball-EM gewonnen zu haben, die deutschen Radfahrer scheinen darüber enttäuscht.
Morgen geht es los. Dass das doch immer wieder SOO aufregend ist.
Schön, dass ihr zusammen startet! 💥
Liebe Katharina, ich wünsche dir alles Gute auf deinem nächsten Berg-Abenteuer! Ich freue mich sehr, dass du dich wieder "traust", und hoffe du wirst für diesen Mut einfach nur belohnt.
Der Mann war auf dem Bild? Ich geh mal scrollen... Taatsächlich, ich hatte wohl nur Augen für Berge, Bogengänge und das Rote! Hatte ich nicht vor x Jahren schon gesagt, es muss ein Rotes sein? 💯 Kompliment Katharina, du siehst sehr toll aus darin. (Der Mann sieht auch toll aus 😉...neben dir.)
Persönlich freue ich mich sehr auf weitere Lektüre aus deiner Feder, kommt irgendwie gerade ganz richtig für mich. ❤️
Viel Spass! und liebe Grüsse Ursi
Oh ja!! Endlich geht es (fast zeitnah) live los!
Und dann 2 Bilder von "dem Mann" und eins in Cayenne 😍
Viel Spaß, Kraft, Abenteuer, Eindrücke, viele neue positive Begegnungen mit tollen, dir zugewandten Menschen!
Ich bin dabei ❤️
Frau G. aus N.