top of page

Tag 1 Salzburg – Triest: Die Magie des ersten Tages



Mittwoch, 30.06.2021

München Hbf – Salzburg (mit dem Zug…) dann Salzburg – Zeppezauerhaus

Start 9:30 Uhr Salzburger Kurgarten –  15:45 Ankunft Hütte

1390 hm rauf, 150 runter, 17 km, Reine Gehzeit 6:15 Std.


Beantworten wir die Frage die euch alle umtreibt vorab: Team Blau hat gewonnen. Zwar hat das rote Kleid in den diversen Abstimmungen gestern noch deutlich aufgeholt, aber bedingt durch den Temperatursturz ist nun nochmal eine andere, wärmere Jacke die vorher auf der Reservebank lag, eingewechselt worden. Die ist orange. Ihr versteht das Problem: Orange auf rot geht nun wirklich nicht. Vielen Dank für eure rege Beteiligung. Team blau hat zusätzlich noch einen TICKEN origineller argumentiert. Vielen Dank auch hierfür, ich habe mehrmals laut gelacht. Und ihr werdet mir nicht glauben was passiert ist: Kaum starte ich heute morgen die Rother-App um irgendwie aus Salzburg rauszufinden (ihr wisst schon, die mit dem roten Punkt der mich letztes Jahr so sicher von München nach Venedig geleitet hat) sehe ich völlig fasziniert was??? Der rote Punkt ist diesmal BLAU!! Das gibt es nicht, oder? Ich verwende zusätzlich die Komoot App, da hab ich die GPS Tracks drin, ich prüfe sofort dort ebenfalls meinen Standpunkt. Und? Auch hier – ein BLAUER Punkt.  Verrückt ist das…



Der Tag begann müde, ich war so aufgeregt und konnte bis 4 Uhr nicht schlafen. Der Wecker geht um 5:45 Uhr – ich hab ihn wohl einfach ausgestellt, kann mich nicht daran erinnern. Der Mann beharrt darauf, ich soll aufstehen. Ich stand völlig neben mir, er hat ständig irgendwas gesagt und mich so angeguckt, als ob er eine Antwort erwarten würde. Ich konnte nicht sprechen, gar nicht. Ich war nur fix und alle. Dunkel erinnere ich mich, dass ich das früher jeden Montag hatte, dieses todmüde vor 6 Uhr aufstehen um den Zug nach Stuttgart zu erreichen. Wie anstrengend das für so einen Eulen-Menschen wie mich ist. Und dass es doch eigentlich eine gute Entwicklung ist, dass ich das in 2021 zum aller-ersten Male habe. EINMAL pro Halbjahr schaffst Du das!! Du musst dir jetzt Kleidung anziehen!! Die ich Gottseidank schon akribisch hingelegt hatte, das habe ich in 14 Jahren München-Stuttgart Pendeln gelernt (zum Schluss hatte ich das so perfektioniert dass ich innerhalb von 11 Minuten nach Aufstehen das Haus verlassen konnte…)



Um kurz vor 7 ging es gemeinsam zum Hbf und es waren tatsächlich auch 2 der 3 Freundinnen da, die schon letztes Jahr am Marienplatz noch einen Kaffee mit mir getrunken und gewunken haben zum Abschied. Diesmal ist aber die Uhrzeit viel unchristlicher. Das hat mich sehr gefreut. Es gibt einen Bananenkuchen und einen Cappuchino beim Starbucks, direkt an dem Gleis wo auch gleich mein Zug startet.  Dann eine kleine Hürde, mein Zug nach Salzburg hat als Endziel Budapest?? Meine LIeblingsstadt in Europa? Und ich völlig übernächtigt in einem plüschigen Railjet-Sitz…Aber es ging alles gut und pünktlich um 9 Uhr stieg ich aus, eine Freundin hat mich noch per sms ans Aussteigen erinnert. Die Freundin, die letztes  Jahr schon zwischen Zwetschgendatschi und Cappuchino am Marienplatz orakelte „Ich habe ein SEHR gutes Gefühl bzgl. Deiner Reise!“. Das sagt sie dieses Jahr Gottseidank auch wieder!



In Salzburg dann überraschenderweise das nächste Empfangs-Komitee – Die Familie des Mannes, die wohnen da gleich um die Ecke… Sie wollen hier aber keine Fotos von sich sehen – man sieht die direkte genetische Abstammung zum Mann.🙂 Ich wurde dann zum offiziellen Startpunkt im Mirabellgarten begleitet. Das war sehr gut weil die kennen den Weg und ich konnte so tun als hätte ich es bestimmt alleine auch gefunden….


Ab halb 10, nach einem kurzen Foto-Shooting am Ausgangspunkt, war ich dann aber auf mich allein gestellt. Und 300 Gramm schwerer – eine Tüte Mozartkugeln hab ich auch noch bekommen! Selbstverständlich lehne ich das freundliche Angebot mich zum Untersberg Einstieg zu FAHREN ab! Bei ersten Etappen bin ich streng! (Ich bin ziemlich sicher das wird  sich noch legen…) Die Müdigkeit ist weg, ich liebe „erste Tage“, egal ob im Urlaub oder auf Wanderschaft, es ist dieser Moment wo es endlich losgeht, die Vorfreude der letzen Wochen sich in Jetzt-Freude verwandelt und gleichzeitig noch alles vor einem liegt. ALLES. Gestern ist es ja schlagartig 15 Grad kälter geworden und das tut jetzt beim Laufen so gut, dass es nicht so heiß ist wie auf meinen letzten Übungstouren. Der Weg schlängelt sich zum Mönchsberg hoch, immer einen schönen Blick auf Salzburg zu meiner linken. Dann geht es lange idyllisch an einem Kanal entlang, begleitet von ein paar neugierigen Graugänsen, ziemlich verlaufungs-sicher bis man nach gut 11 km am Fuße des Untersberg ankommt, den es jetzt zu bezwingen gilt.




Es hieß der Dopplersteig, der schönere aber auch schwerere Weg, sei gesperrt wegen Bauarbeiten, es fliegt ein roter Hubschrauber über mir immer hoch und runter und transportiert Baumaterial. Aber an der Stelle wo man sich entscheiden muss, ist nichts gesperrt. Später erfahre ich, Baubeginn hat sich verzögert, alle anderen die ich oben treffe, sind heute dort gegangen. Ich gehe trotzdem die Alternative, den Reitsteig. Fast  1400 hm und Regen für Nachmittags angekündigt, da muss man nicht am ersten Tag  auf schwarzen, stark ausgesetzten Wegen rumturnen. Abstürzen kann man am Reitsteig wirklich nirgends. 2.500 Stufen muss man erklimmen. Aber es ist waldig, schattig, bestimmt auch an heißen Tagen eine gute Alternative. Steil ist es auch. Ich treffe fast niemanden, irgendwann setzt leichter NIeselregen ein. Nur ganz leicht. Stört gar nicht.




Jaaaaa  und dann da bin ich gleichmal so klatschnass geworden am allerersten Tag weil es dann doch stärker wurde, ich aber dachte bin eh gleich da lohnt es nicht die Regenhose anzuziehen. „Gleich da“ stellte sich als Irrtum heraus. Aber das macht gar nichts, weil jetzt lieg ich hier in meinem Lager unterm Dach und höre dem Regen zu der so wunderschön ans Haus prasselt, die Hose trocknet im Trockenraum vor sich hin und ein Gefühl von Geborgenheit durchströmt mich. Die Terrasse vor dem Zeppezauerhaus ist schon sehr schön und bestimmt sitzt es sich da bei Sonne mit Blick auf den Chiemsee und die umliegenden Berge auch sehr fein. Aber aus so einem Platzregen total durchtränkt die Hütte zu erreichen, da weiß man das noch viel mehr zu schätzen. Man freut sich so extra! Dieses „juhuu endlich da“-Gefühl, sich nochmal umdrehen, dem Regen die Zunge rausstrecken. Um kurz vor 4 habe ich es und hab damit EXAKT die ausgeschriebene Rother-Zeit von 6:15 h gebraucht. Obwohl ich das Gefühl hatte ich bin soo langsam und unfit.


Ich seh schon im Trockenraum anhand der abgestellten Bergschuhe dass nix los ist. Außer mir sind noch 3 weitere Übernachtungsgäste da, mit zweien davon – einem Geschwisterpaar aus Bichl – bin ich auch im Lager. Sie laufen ein paar Tage hier in der Gegend.  Der dritte ist Salzburg – Triest Wanderer Nummer 1!! Verrückt, gleich am ersten Tag schon wen getroffen. Also nein, er ist natürlich Nummer 2, Nummer 1 bin ja ich. Er ist Therapeut aus Mannheim, wir reden über Menschen und Psyche und Positive Psychologie, das hat er schon mal gehört! Sehr gut. Es geht aufwärts mit der Welt, ich spüre es ganz deutlich. Der andere will jetzt wissen, wo man da so langgeht und ob man hier oder dort vorbei kommt. Das passiert eigentlich immer, wenn 2 oder mehr Männer mit am Tisch sitzen, dieser Geografie-Talk. Ich halte mich dezent zurück. Aber der Therapeut kann alles beantworten. Ich höre aufmerksam zu und staune, wo ich angeblich überall vorbei komme die nächsten 4 Wochen… Das klingt ja toll!

Es ist ein richtig schöner erster Abend, mit netten Menschen und schönen Gesprächen. Ich bin echt happy und ein bisschen kaputt.


Jetzt geht auch wieder die Zeit los, wo man nicht weiß, kochen die hier wirklich alle immer so gut oder ist man einfach vom den ganzen Tag draußen sein so hungrig? Das Essen schmeckt so unglaublich gut, es gibt Gulasch mit Semmelknödel, dank der nahen Seilbahn gibt es auch frischen Salat.



Aber was liegt da am Rande des Tellers? „Ist das etwa POLENTA??“ frage ich die Wirtin fassungslos. „Mogst du des net?“ fragt sie zurück. DOOOCH! Und wie! Ich bin nur so gerührt. Zwei kleine Polentastreifen winken mir zu wie ein kleiner Gruss aus der Südtiroler Küche, eine Erinnerung an meine letztjährige Tour, wo es wochenlang Polenta gab. JEDEN TAG. Alt und neu. Ein ganz neuer Weg den ich versuche und gleichzeitig eine Erinnerung an meine erste große Tour. Ein Mutmacher. Eine perfekte Komposition. Ich bin wirklich total gerührt.



So wie wenn man als einziger ein Bergkleid dabei hat, schon wieder. Man wird jetzt belächelt, später beneidet. Nur diesmal eben in blau. Alt und neu. Es fühlt sich noch nicht so an wie der Start einer ganz großen Tour, eher wie eine anstrengende Tageswanderung. Aber das ist ok, lieber mal „in kleinen Etappen denken“ und sich dann wieder selbst überraschen. Ich habe nur eine Befürchtung:.. Es ist schon echt kalt hier überall… Na wir werden sehen wie die Nacht wird.





Comentários


bottom of page