Freitag, 26.07.24
GTA Süd Von Chiazale - Campo Base bzw. weiter nach Chiappera (Etappe 45)
Unterkunft Agriturismo La Provenzale
Hm rauf 1.100, Hm runter 1.180, km 19
Unterwegs von 8:30 (!) - 17 Uhr, reine Gehzeit ca. 7h
Kosten Agriturismo Lou Saret: 80 € p.P. Im DZ mit HP
Wir kommen nun durch die „Dolomiten von Cuneo“, die das Maira, Varaita und das Stura-Tal umfassen. Imposante Kalkberge und ein grün, das anders als in den Tagen zuvor weniger an Frühling und schon langsam an Sommer erinnert. Nicht krachgrün sondern mehr milchig-satt grün.
Nach dem Frühstück geht es ein Stück die Straße hoch, vorbei am Rifugio Meleze, das eigentlich das offizielle Etappenendziel gewesen wäre. Das sieht auch sehr gemütlich aus, ich glaube, ich würde das nächste Mal lieber dahin gehen. Dann sind auch die Etappen gleichmäßiger verteilt. Und das Bad vielleicht nicht so klein? Ich glaube, das war das winzigste Bad meines Lebens, unglaublich was die da auf so kleinem Raum alles untergebracht hatten: Ein Waschbecken, ein WC, ein Bidet und eine Dusche. Hat alles rein gepasst. Der Erbauer hatte nur übersehen, dass dann da ein Mensch ja auch noch rein muss! Also abtrocknen nach dem Duschen ging nicht. Haarewaschen in der Dusche auch nicht. Man konnte nur stramm gerade drinstehen und Wasser auf sich drauflaufen lassen. Na egal, mit ungewaschenen Haaren geht es also hier vorbei…
(Rifugio Meleze)
Und dann in St. Anna an einer schönen Kirche, die offen ist. Wir schauen rein.
Und laufen dann auf den Rocca Senghi zu - ein riesiger Felsklotz der da mitten am Hang klebt und alle Blicke auf sich zieht. Der Legende nach hat Gott höchstpersönlich ihn da hingepfeffert, weil er so sauer war, nach einem Streit mit dem Teufel.
Ich persönlich kann mit diesem Gottesbild eines ständig wütenden, jähzornigen, sich leicht aus der Ruhe bringen lassenden Gott ja nicht so viel anfangen. Ich denke da immer eher an Trump als an Gott, aber das hab ich schon mit Heerscharen an Religionslehrern diskutiert. Die meisten scheinen das anders zu sehen.
Aber wer auch immer aus welchen Gründen und in welchem emotionalen Zustand das da abgelegt / hingeschleudert hat - es sieht wirklich aus, als gehöre das da eigentlich nicht hin.
Beim dran vorbei laufen drängt sich mir ein ganz anderer Verdacht auf: Guckt mal wie der guckt!! Ich glaube der Teufel wurde direkt darin eingemauert!!! Da muss Gott aber wirklich ganz schön sauer gewesen sein!
Wir wählen den Weg nach „everywhere“ - das kann ja nicht falsch sein. Über ein grünes Hochtal spazieren wir ein bisschen durch Blumenwiesen….
…bevor es dann an einem Bachlauf mit kleinen Wasserfällen nach oben geht.
Als wir auf einem Stein sitzend Halbzeithöhenmeter-Pause feiern, reiten (!) plötzlich zwei sehr alte Männer auf wackligen Pferden an uns vorbei. Sie sehen aus wie Alt-Hippies, die oben in irgendeiner Höhle übernachtet haben, nicken uns würdevoll von ihren Lastentieren herunter zu und sind weg.
Hier schlängeln wir uns durch mit entspannten Steigungen,
Bevor auch heute Irgendwann der höchste Punkt - heute der Colle di Bellino mit 2.804 hm erreicht ist. Nur noch 260 Hm. Ich rechne das gegen Ende ja immer ganz genau aus..
Manche erreichen ihn früher als andere…
(Mann auf Grat)
Oben scheint die Hölle los zu sein - zwei Radfahrer fahren auf und ab und zwei Menschen machen dort…. Kopfstand?? Der Mann scheint das Geschehen zu fotografieren. Na da ist ja was los.
Der Blick ist - wer hätte es gedacht - erneut atemberaubend. Wir steigen auf der anderen Seite ein Stück ab um eine windgeschützte Stelle zum Lunchen zu finden.
Und da sieht man auch unseren Abstieg sich schon herunter schlängeln. Viele Murmeltiere werden uns dabei begleiten.
Eine gefährliche Fluss-Querung…
An dessen Ufer wir dann auch gleich nochmal Pause machen.
Und dann auch langsam Zieleinlauf.
Zwischendrin haben wir noch die Holländer überholt, die 2h vor uns los sind. Ich fühle mich wie der Wien-Nizza Mann, als er uns auf der Etappe zum Rifugio Rivetti überholt hatte obwohl er eine Stunde später, 2 h weiter vorne losgegangen ist😂
Angekommen am Agriturismo müssen wir laaaange warten, Gottseidank ist eine Bar dabei und es ist sehr gemütlich. Bis der Manager höchstpersönlich kommt, mit seinem Handy wedelt, mir eine SMS zeigt in der steht, das noch jemand ein Zimmer gebucht hat. Das wäre unseres gewesen, aber das hat jetzt der andere. Eine Doppelbuchung er hat uns beiden zugesagt. Er sagt es so, als wäre das mein Fehler. Manche Menschen können das, einem das Gefühl geben, das hat man jetzt schon selbst verbockt. Männliche Menschen ein bisschen häufiger als weibliche. Witzigerweise war das der einzige Wirt bislang, der neben einem Anruf noch eine WhatsApp wollte und diese auch bestätigt hat. Ich zeige also meine SMS - wir halten unsere Handy aneinander. Und nun? Er kann uns in den nächsten Ort fahren mit dem Auto oder wir schlafen halt wo anders, da wo sonst seine Angestellen schlafen. Da ist heute niemand. Wir müssen auch nix bezahlen, nur für Essen, ob das ok wäre?
Wir schauen uns an, zucken die Schultern, dann machen wir das halt so. Der Chef geht voran, führt uns durch den gesamten Ort, er wird dabei die ganze Zeit telefonieren. Kaum legt er auf, klingelt es wieder. „Pronto?“ Und dann der nächste italienische Redeschwall.
Ich glaube er ist der Bürgermeister oder der Immobilienmakler hier am Ort. Der Mann würde jetzt sagen, der war schon ganz nett und lösungsorientiert. Ich halte ihn für einen Gschaftlhuber, der MEIN Zimmer lieber an jemandem gegeben hat, der eine Woche bleiben will. Was ich natürlich ganz genau so gemacht hätte, dann muss man nicht so viel putzen, aber das tut ja jetzt nichts zur Sache. Ich werde mich wohl trotzdem ärgern dürfen! Vielleicht schmeiß ich sogar einen riesigen Felsklotz auf irgendeine Wiese hier.
Und dann kommen wir hier an. Wohl ein ehemaliger Heuschober oder Getreidelager oder sowas. Und finden es so cool 😂
Es ist ein bisschen Gerümpelkammerig, aber es hat so viel Platz! Ein großer Vorraum wo ein Bett drin steht, aber wir sollen hier schlafen sagt, er, da ist frisch bezogen.
Und dann muss man durch eine ca. 1 Meter kleine Tür durchkrabbeln und dahinter tut sich ein großer Raum auf - ein Schlafzimmer. Hinter der anderen Tür ist noch eins! Das ist mal feudal! So viele Räume! Alles unsers!
Zwar kein Wlan aber bestes Handy-Netz! Ich bin SEHR zufrieden. Ich werfe heute keine Felsbrocken mehr - dafür gibt es keine Veranlassung.
Das tollste ist das Bad! Zwar geht die Klospülung nicht (der Mann repariert sie) aber es gibt eine Sitz-Dusche! Sie ist halb so groß wie eine Badewanne mit eingezimmerten Sitz und da sitzt man in dieser halben Badewanne und kann sich so duschen! Was ist das denn für eine geniale Erfindung! Ich finde das im Stehen Duschen nach dem Wandern eh immer viel zu anstrengend.
Ich bin SEHR zufrieden!
Das Abendessen ist phänomenal gut! Wir plaudern ein bisschen mit den 4 Holländern, es ist ein schöner Abend. Bis der Nachtisch kommt. Er sieht großartig aus. Panna Cotta mit Lavendel!
Und schmeckt unglaublich scheußlich! Als hätte jemand eine Flasche Perwoll Feinwaschmittel da rein gekippt! Der Mann findet es köstlich. Und zum ersten Mal auf dieser Reise (und ich überlege ob vielleicht sogar zum ersten Mal in unserem gemeinsamen Leben) bekomme ER die Hälfte von MEINEM Nachtisch. Sonst gibt er fast immer mir noch was von seinem ab. Das muss man an dieser Stelle mal lobend erwähnen.
Die Kellerin fragt ob jemand Picknick für morgen mitnehmen mag? Die Holländer bestellen alle ein oder zwei Sandwiches, der Shrimpscocktail- Holländer kann sich nicht entscheiden. „Wie groß sind die?“ fragt er. Die Frau kommt mit einem kleinen Laib Brot zurück. „Das ist eins. Wir belegen es euch mit Käse, Schinken, Salami, was ihr mögt.“ „Dann nehme ich auch zwei“ „Ich auch!“ Alle vier nehmen jetzt je 2 Laib Brote mit, dick belegt mit Salami und Schinken. Der Mann und ich gucken uns verwundert an. Sie werden morgen 8 Laib belegter Brote durch die Gegend tragen…
Dann die übliche Frühstücks-Zeit-Frage. Die Holländer nennen irgendwas mit 7, der Mann will auch früh los, ich habe inzwischen kapituliert. Sie bestätigen sich alle nochmal wie lang die Tour ja morgen sei, da müsse man früh los. Etappe 49 und Etappe 59 sind die noch schlimmen, die mir bevorstehen. Einmal 1700 Hm rauf, einmal 1650 auf 25 km. DA kann man mal überlegen, sich früher loszumachen. Ich gucke nochmal ratlos auf den morgigen Tag, es ist ein ganz normaler Tag, es gibt zwei Varianten, die zweite ist alpiner, weiter und mit mehr HM, Elisa II meinte damals auf der Piratenhütte wir sollen das unbedingt machen, irgendwie ist uns da aber beiden grad nicht danach. Wir diskutieren es eine Weile auch mit den Holländern, aber die bleiben auf jeden Fall auf der regulären. Die Normal-Route ist ohne besondere Herausforderungen, aber es scheint beschlossen: Frühes Frühstück. Seufz…
Abends huschen wir durch die italienisch nachtblauen Abend zurück in unser Getreidelager. Wir werden dort SOOO gut schlafen!
Du weißt wie Feinwaschmittel schmeckt 😂 . Ich hab mich sooooo amüsiert 🤣. Kein Wunder, daß „Katharina light“ dein neues Outfit ist. Ich dachte Modells essen Wattebällchen, aber gleich Feinwaschmittel 😂🤣.
Ich freu mich auf weitere Berichte 😘
Petra
.....musstest du da, wenn du mal ins Bad wolltest durch diese Zwergentür krabbeln? Ich denke da gerade an Nachts, völlig verpennt und verpeilt mal müssen müssen...
Ansonsten voll toll, was Ihr alles erlebt und zu sehen bekommt!
Seid Ihr wirklich ohne die Brotlaibe aus dem Haus, nach dem Frühstück zu nachtschlafender Zeit?
Es bleibt spannend für Frau G aus N 😅