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Tag 28 GTA Süd - Abschied und Vipernalarm



Sonntag, 11.08.24

GTA Süd Rifugio Garelli nach Carnino, Etappe 60 (eigentlich bis Upega, aber so ists besser geschnitten)

Unterkunft Foresteria

Hm rauf 880, Hm runter 1.470, km 12

Unterwegs von 9:15 - 15:30, reine Gehzeit 5:45h

Kosten Rifugio Garelli: 45 € im Lager mit HP und DAV-Ausweis


Und wieder heißt es Abschied nehmen! Die Nacht war ruhig, als es dann endlich mal ruhig war. Italiener sind ja eigentlich fast immer sehr ruhige Mit-Schläfer. Das Problem ist eher BIS sie mal schlafen. Hüttenruhe gibts am Wochenende auf italienischen Hütten irgendwie nicht. Die Gruppen sitzen noch ewig draußen und feiern, direkt vor unserem Fenster, selbiges zu schließen kommt aber auch nicht in Frage. Also es wird spät bis wir schlafen...


Der Nächste Morgen offenbart erstmal, WIE schön diese Hütte liegt!

Wir frühstücken gemütlich, dabei führen wir mal wieder eine Plastik-Diskussion. "Also diese kleinen Plastik-Marmeladen, ich verstehe es einfach nicht. Alle Hänge hier sind voll mit Heidelbeeren und Brombeeren, warum schnappt man sich nicht 3 der großen Töpfe aus der Küche, pflückt an einem Nachmittag mit dem Team die Töpfe voll, gibt Zucker dazu und kocht es ein? Und verfüttert es den Rest des Jahres an seine Gäste? Das wäre leckerer, nachhaltiger, plastikfrei und günstiger. Warum macht das auf Hütten niemand? Sie backen hier Brot selbst und bauen Gemüse an, warum nutzen sie nicht das Obst, das eh da wächst?"


(Hier übrigens das Gewächshaus des Hüttenwirts)


Wir wissen es nicht. Aber Plastik ist hier schon noch sehr verbreitet. Bei einem mit Plastikfolie umwickelten Plastiklöffel der zum Panna Cotta im Aluminium-Schälchen gereicht wurde hatten wir uns vor einem Jahr kennen gelernt, manche scheinen inzwischen ein bisschen drauf zu achten aber es ist schon noch sehr verbreitet.


"Wenn ich eine Hütte hätte, gäbe es nur selbstgekochte Marmelade!" verkünde ich. "Oh, ich würde gerne Marmelade einkochen auf einer Hütte!" bietet Paula an. Kochen würde sie generell auch! Phantastisch. Ich überlege "Der Mann behauptet ja immer, jemand müsste dann ständig Sachen reparieren und Wege in den Schnee hauen. Und Leichen verschwinden lassen." Wege würde Paula auch bauen. David meint "Naja Sachen krieg ich in aller Regel schon repariert." Ich würde sagen - unsere Hütte steht. Die Leichen vergraben wir gemeinsam. Und ICH hab dann sonst sehr wenig zu tun, kann ich ja den ganzen Tag mit den Gästen plaudern. In dem Moment sagt Paula "Wer spricht denn dann mit den Gästen und so, da hab ich nicht so viel Lust drauf." Hier ich. Kassieren tu natürlich auch ich. "Und wer macht diesen furchtbaren Buchhaltungskram und kassiert ab?" fragt sie in dem Moment. Na das läuft doch perfekt. So geht gutes Team.


Das gute Team trennt sich heute aber. "Was brauchst du noch, können wir dir was da lassen?" Ich bekomme eine kleine Sonnencreme und eine große Packung Rei in der Tube. "Braucht ihr das echt nicht? Ihr macht doch jetzt auch noch ne Woche Urlaub?" Davids Augen leuchten: "Wir haben ein Auto in Cuneo stehen, voll mit frischen Sachen!! Da sind meine 2 Lieblingspullis drin! Und saubere T-shirts!! Und Unterwäsche und Socken!! Alles sauber! Ein ganzer Koffer voll!!" Jaja, ist ja gut 😂

Der Tag ist strahlend schön und es ist nun doch schon spät, ich bin fast die letzte, die sich losmacht

P&D winken, dann steigen sie in die andere Richtung ab.

Man hat das gestern im Nebel nicht mehr so gesehen, aber diese Hütte liegt wirklich traumhaft schön. Und hat wohl mal einen Design-Award oder sowas gewonnen für seine herausragende Architektur.


So, hier auf dem Foto bin ich mit drauf ;-))

Es wird heute sehr langsam gehen. Heute bin ich matschig und unfit, alles dauert lange. Der Wirt meinte nach Carnino gibt es auch einen direkteren Weg in 3h, der Rother sagt man solle noch zwei Gipfel mitnehmen denn dort sei alles sehr magisch. Nur nicht markiert, das sei ein Problem. Na gut, das ist ja nichts Neues.


Kaum sind P&D weg, klappt das mit dem Baden nicht mehr, der See der nach einer Stunde kommt ist zugewachsen und ist mehr eine Kuh-Kloake. Heute ist doch einiges los, einige Gruppen sind unterwegs.


Und dann sehe ich plötzlich eine italienische Großfamilie auf dem Weg um etwas herumstehen. Was ist da?


Der Papa ruft mir von weitem zu: "Biber!"

Ich bin verwirrt. Biber? Hab ich je vom italienischen Alpen-Biber gehört oder gelesen? Und wieso ruft er mir das deutsche Wort zu?? Wahrscheinlich ein verletztes Baby-Murmeltier, weil warum würde es sich sonst mitten am Weg anstarren lassen statt quieckend wegzurennen?


Und als ich näher komme sagt er es nochmal und diesmal verstehe ich es richtig: "Achtung, vorsicht, eine VIPER! Die ist supergiftig."

Oh mein Gott! Gottseidank ist Paula nicht da, ist echt mein erster Gedanke 😂 Guckt mal, wie provizierend sie uns anschaut! Wie fies die grinst! Die ist doch echt auf Ärger aus...

Sie liegt da sonst recht klein und unscheinbar auf dem Weg. Meine Güte, die könnte man so leicht übersehen. Sie hat wohl grad was gefressen und verdaut. Man sieht ihre Kaubewegungen. Ich finde es gruselig, der italienische Papa ist total fasziniert. "Guck, wie sie frisst!"

"Ich hoffe, keins deiner Kinder?" frage ich mitfühlend. Er schaut auf, zählt mit dem Finger seine halbe Fussballmannschaft durch und meint dann erleichtert: "Ne, sind noch alle da."😂


Also das war gruselig. Ich nehme mir vor, noch ein bisschen besser auf den Weg zu achten, und doch noch öfter Lärm zu machen, bevor ich mich auf einen Stein oder sowas hocke. Ich passieren ein Hochmoor, in dem es blüht. Generell ist der Blumenreichtum der ersten beiden Wochen weniger und weniger geworden.

Die Wege bleiben erstmal noch leicht, das ändert sich bald.


Hier wäre der kurze Weg nach Carnino. Ich biege hier aber nach links wo nix ausgeschildert ist und so wird es auch die nächsten zwei Stunden bleiben. Es gibt auf dem ganzen Weg nur noch eine Markierung, sonst gar nichts. Nachträglich betrachtet, würde ich das nächste Mal glaub den kurzen Weg wählen. Aber mir gehts heute wirklich nur so lala...

Aber die Blicke sind schön, oder?

Ist der erste Gipfel erreicht, sieht man den zweiten. Da muss ich jetzt erst runter und dann da drüben wieder hoch. Naja, es sieht machbar aus.

Die Blicke sind in alle Richtungen gigantisch, es stehen etliche Steinplatten-Männchen oben am Gipfel herum.

Während der Aufstieg zu diesem zweiten Gipfel ein Wiesenspaziergang war, siehe Bild hat es der Abstieg in sich. Hier ist dann auch die einzige Markierung, ein Holzpfosten, der auf dem weiten Bergrücken an einer Stelle rot markiert herausragt. Ich interpretiere das so, dass man dann da runter gehen soll. Als ich runterschaue, denk ich mir, ne das kann ja nicht sein.

Ich checke meine GPS-Daten: Doch, genau da gehts runter.



Das sieht jetzt wieder überhaupt nicht so schlimm aus, aber der Anfang ging senkrecht runter und es ging nur mit viel Klettern. Eine Familie mit Teenager-Tochter kommt mir entgegen, sie steigen das gerade hoch und fragt "Bleibt der Weg so schrecklich? Geht es auf der anderen Seite genau so runter?" Ich versichere ihnen, dass das hier das schlimmste Stück ist, auf der anderen Seite ist Kindergarten.


Es sind nur 200 HM die wirklich schlimm sind, dann ist auch das geschafft und es geht auf Wiesenwegen weiter nach unten. Es sind jetzt nur noch Hm nach unten und Km die bewältigt werden müssen.



Man kommt am Grab einer Frau vorbei, die hier 1883 auf dem Heimweg von der Arbeit kurz vor ihrem Zuhause erfroren ist.




Der Abstieg zieht sich ein bisschen, und dann stellt sich mir plötzlich ein Abzweig zu einer Hütte in den Weg?


Nanu? Es ist jetzt zwar nicht mehr weit, aber da könnte man ja gucken? Hätte ich die heutige Tagesetappe genauer gelesen, wüsste ich, dass das eine private Hütte ist wo man NICHT einkehren kann. Das weiß ich zu dem Zeitpunkt aber nicht. 😃 Und ich habe jetzt wirklich Lust auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen?


Als ich dort ankomme ist da eine Dame in der Küche, die auf den Wirt in italienisch einredet, sie braucht jetzt dringend was zu essen. Er sucht ein bisschen, findet dann zwei Toastscheiben und eine Dose Thunfisch. Das gibt er ihr. Na gut, meine Frage ob es Kuchen gibt, kann ich mir glaub sparen, aber etwas wie die Dame spricht lässt mich aufhorchen. "Bist du aus Bayern?" frage ich sie auf deutsch. Sie spricht italienisch mit einem sehr deutlichen bayrischen Einschlag. Sie lacht, "ja wir sind aus München, wir haben hier unten im Dorf ein Haus. Die Hütte ist ja wohl nur so halb öffentlich, aber wir können gern was zu trinken haben." Sie übersetzt für mich, ich bekomme ein Wasser und er kocht uns Kaffee. Das ist sehr nett :-))


Wir plaudern alle ein bisschen auf der Terrasse. Von hier sind es nur noch 20 Minuten - ich mache mich nach meinem Kaffee auf den Weg.


Wenn etwas auf dem Süd-GTA Foresteria heißt, dann kann man es blind buchen! Es ist die zweite Foresteria auf meinem Weg (in der ersten gabs Holzscheite zum Abendbrot) und auch diese ist ZAUBERHAFT! Ein solches Juwel, ein Garten, gemütliche Bänke, Liegestühle und Claudia, eine so nette Wirtin.

Seit 3 Jahren sind sie hier, seit 3 Jahren gibt es somit die Möglichkeit diese lange Etappe zu kürzen und das fehlende an die morgige, die im Original dann nur 2 h hätte, dranzuhängen. Das ist so viel besser.


Es ist bestens ausgeschildert im Ort:

man findet es leicht.

Und hier gibt es auch Kuchen!

Ob ich den nicht so süßen Pistazienkuchen probieren will oder den sehr süßen Banane-Schoko-Kuchen? Ich wähle Pistatzie. Der Knaller!!

Claudia - die supernette Wirtin! Die auch perfekt englisch spricht.


Und hieß es beim buchen noch, sie haben keine Einzelzimmer, sagt sie beim Einchecken, "Wir haben heute nur 2 Gäste, du und noch ein Typ. Ich hab euch auf unsere zwei Zimmer verteilt." Das ist so nett und rücksichtsvoll. Jetzt habe ich doch ein Zimmer für mich!


Der Abend ist lecker und lustig, Claudias Freund kocht, und das macht er sehr ordentlich. Lasagne als Vorspeise ist schon mal gut!

Der zweite Gast taucht auch auf - ein Schiffsmechaniker aus San Remo, der mit dem Motorrad unterwegs ist. Er spricht kaum englisch, aber ich glaube zu verstehen, dass die Jachtbesitzer in St. Tropez doof sind, die in San Remo hingegen ganz ok. Claudia übersetzt ein bisschen hin und her, wir trinken Prosecco und Kamilleschnaps, was hier wohl eine Spezialität ist. Es schmeckt... scheußlich.


Ich frage auch hier nochmal wegen der geschlossenen Hütte, sie bestätigt, dass das Agriturismo wo ich reserviert habe, die beste Empfehlung ist, die noch am nächsten von der Originalroute erreichbar ist. Ich hab das ja in komot schon mal versucht zu planen und es hat mir ne mörderische 8h Tour mit 1000 Hm rauf und 2000 runter und SEHR vielen KM angezeigt. Der Schiffsmechaniker sagt, das ist aber der beste Weg. Claudia meint, ich soll auf der Hütte den Tag davor nochmal fragen, die sagen mir wie ich gehen muss. Ob ich für morgen eine Reservierung bei Monika habe? Ne, Monika wollte mich nicht, das hatte Walter vor ein paar Tagen schon probiert. Ich bin einen Ort weiter in dem Hotel. "Soll ich nochmal anrufen und fragen? Vielleicht hat wer storniert."


Es sind alle so nett. Sie telefoniert lange mit ihr, aber nix zu machen, sie ist voll. "Sie hat ja noch ein zweites Haus, das ist nicht ganz offiziell, ich hab versucht dich da unterzubringen, aber auch da ist alles belegt." Es ist die Unterkunft, wo (mal wieder) ein Leser schreibt, bzw. nein, es war eine Leserin, das fand sie die schönste Unterkunft des ganzen GTA, bei Monika in Piaggio. Ich werde nun 15 min weitergehen müssen (die ich am nächsten Tag wieder zurückgehen muss...grrr.) nach Monesi di irgendwas. Aber morgen ist ein kurzer Tag, da ist das zu verschmerzen.


David fand ja die Unterkunft bei Walter am tollsten. Ich überlege noch. Es waren dieses Jahr schon wirklich viele besondere Orte dabei.


Wir müssen jetzt echt auch mal anfangen, Leserbriefe an den Rother zu schreiben.


3 Kommentare

3 Comments


Guest
Aug 26

Man (du) macht sonst eben Pause, wenn einem liebe Menschen "verlassen" braucht man doch gleich einen Pausentag(?). Was da auf einer solchen Abenteuer-Tour in einem mental abgeht finde ich eh superspannend. Man liest und manchmal interpretiert man (ich) auch immer wieder, was man so schafft... immer wieder pures Mentaltraining. Oder gesunde Balance. Oder auch einfach "getragen" werden von lieben Begleitpersonen.

An dieser Stelle möchte ich sagen, schön konnte man P&D auch ein paar Tage "kennen lernen". Und miterleben wie gut sie dir tun. Ich wünsche ihnen viel Glück!

Liebe Grüsse Ursi

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sabine
Aug 25

Nicht zu fassen, selbst hei hochgIftIgen Vipern hast du Glück 🍀, dass sie am kauen und verdauen ist, und dich somit glücklich verschont!

Und in einer geschlossenen Privathütte kocht man dir Kaffee ☕️

Und dass du am Tag 28 mal ein bisschen unrund beginnst…. So what!


Und morgen bist du wieder superfit, wenn du sogar schon mehr (extra) Strecke spoilerst.


Wo bleibt denn der Rennradfahrer? Viel Zeit hat er nicht mehr, deine Berichte zu bereichern.


L G Frau G aus N

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Katharina Ehrhardt
Katharina Ehrhardt
Aug 25
Replying to

War am nächsten Tag alles wieder gut. Bisschen monatliche Frauen-Themen. Zum zweiten Mal in 27 Tagen - das muss mir erstmal eine nachmachen 🙄🙄

haha, abwarten. immerhin gibt es gleich einen Motorradfahrer. Auf Wolfgang musst du noch ein bisschen warten...

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