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Traumpfad München - Venedig Tag 34. Die erste heiße Asphalt-Etappe



München - Venedig: Afanta / Le Noci – Ponte della Priula. Hm rauf 220, hm runter 450, km 25,5.


Wetter: unfassbar heiß, heiß, heiß. Draußen von 9:55 Uhr – 21:45Uhr. Reine Gehzeit 6 Std.


Diese letzten Etappen gewinnt man nicht mit Muskeln, Kondition oder Kraft. Das war der Geigerin und mir gestern beim ausgiebigen Abendessen schnell klar. Der Weg zum Le Noci mit den wirklich nur kurzen Asphalt-Abschnitten zwischen denen dann wieder Weinberge, grün und Wald kamen haben das klar gezeigt. Das muss man völlig anders angehen. Ab jetzt entscheiden Köpfchen. Strategie. Taktik. Und Lebenskunst! Die letzten Tage sind Intelligenz-Etappen. Wir sind vorbereitet.


Der Morgen war schon so ein Schöner, ich bin so „sanft“ erwacht, so italienisches Weichzeichner-Licht strahlte durch alle Fenster. Um 5:30 Uhr war ich schon mal zum Fenster getappt, wo ein hellrosa Sonnenaufgang die Weinberge erleuchtete. Dann nochmal geschlafen und es war, ja ich weiß auch nicht, dann später einfach so ein mildes Aufwachen, so in Liebe eingehüllt,  wo man weiß, alles ist gut, nix eilt und überall wo man gleich nach dem Aufstehen hinguckt, wird es schön sein. Es dauert LANGE bis wir losgehen, wir müssen ewig frühstücken, Donata trägt immer neue Sachen raus, als wir nicht mehr können kommen Pfannkuchen. Dann können wir doch wieder….Dann müssen wir noch mit Donata reden, und Fotos machen und den Haargummi der Geigerin suchen. Der dann im Pool liegt, mittendrin. Also  holt sie ihre Harpune (Wanderstock) raus und geht erstmal Angeln.



Um 9:55 Uhr hält uns aber nichts mehr, wir verabschieden uns nochmal, Donata erinnert mich nochmal an ihren schönen Sohn und dessen Münchner Proseccoflaschen-Lager, also ob ich DAS vergessen könnte.


Wenn man sich die Aufzeichnung der Route unserer ersten Dreiviertel Stunde ansieht, könnte manch einer auf die Idee kommen, wir hätten uns verlaufen. Das ist aber Blödsinn. Wir wollten die Felder besichtigen und ungefähr die Qualität der zu erwartenden Ernte abschätzen. Wir haben ganz neue Felder gefunden und gelernt Brombeerbüsche können auch kratzen ohne im Gegenzug reife Früchte zu spendieren, da sind wir irgendwie noch 3 Wochen zu früh. Der Satz des Tages war und wird bleiben „Doch da ist ein Weg, da ist ganz klar schon mal wer gegangen!“ Anhand der Hinterlassenschaften konnte man es auch ungefähr zuordnen. Nur Schafe waren da schon gegangen…



Als wir eine halbe Stunde später wieder sehr nahe an der Farm stehen überlegen wir natürlich schon kurz, ob das ein Zeichen ist dass wir noch einen Tag bleiben sollen? Aber nein, Müßiggang hat nur seinen Wert in Abwechslung mit Fleiß und das Meer ruft ja nun doch schon sehr laut nach uns. Irgendwann laufen wir dann also auf einem Weg, der nicht nur von Schafen sondern auch von Menschen vor uns schon begangen wurde und erreichen gegen 11 Uhr die reizende Mühle Molinetto della Croda.



Es ist Sonntag und ein beliebtes Ausflugsziel, noch ist aber nicht viel los. Wir setzen uns in den Schatten und pausieren erstmal. Wir sind zwar nicht müde, aber wir haben ja Zeit und unser heutige Strategie sieht klar vor. Viele, viele Schattenpausen, Zeit lassen, die Taktfrequenz an optischen Highlights wird ein bisschen abnehmen, also umso besser aufnehmen! Und viele Eisdielen und Trattoria-Stops! Wir haben einen Plan, den wir um ein paar spontane Highlights am Weg ergänzen werden.



Der Weg bleibt lange echt schön, es ist aber jetzt schon so unglaublich heiß. Um 13 Uhr erreichen wir den kleinen Ort Refrontolo wo wir bei einem kleinen Italiener einkehren. Er ist über und über dekoriert mit Gockeln  und sieht sehr schick aus, viele Auszeichnungen hängen an der Wand. In normalen Zeiten hätten sie vielleicht keinen Platz für uns gehabt, aber es ist ja „Krise“ also dürfen auch zwei völlig rotgesichtige durchgeschwitzte Wanderer an einem echt schönen Tisch im Garten Platz nehmen. Eigentlich wollen wir nur was trinken, man KANN bei der Hitze einfach nicht essen, aber der Koch kommt, fragt ob wir nicht doch Lust auf was haben, ja auf was kaltes, kleines, was mit Salat? Er macht uns eine große Schüssel so feinen Salat, jedes Blatt hat Aroma, dazu eine so köstliche gemischte Vorspeisenplatte, mit schwarzem Reissalat, angemachten Auberginen und Zwiebeln, Schinken, es ist wirklich ein Gedicht und vor allem: EXAKT was wir wollten, es tut so gut, ist lecker aber eben gar nicht schwer. Den Prosecco des Hauses probiere zumindest ich auch. Ich habe immer so Angst, als unhöflich wahrgenommen zu werden. Er ist SOO gut! Wir werden weiterlaufen können.

Als nächstes geht nun eine Streckenabschnitt los, bei dem man sich schon ein bisschen anstrengen muss die Schönheiten zu finden. Es geht lange an der Strasse entlang, bis Collalto, es gibt keine Minute Schatten. Aber die Geigerin ist auch geübt im Schönheiten sehen! Wir finden, der Blick ist toll, in die Weinberge, sooo viele Autos fahren heute gar nicht, zweimal sieht man den Col Visentin, unseren Antennenberg weit hinter uns. Das mit den Antennen ist echt praktisch es macht den Berg so klar erkennbar. 8 km später „da, das Haus, das ist aber wirklich schön bemalt!“ ja ist es! So argumentieren wir uns bis Collalto wo es halt echt nochmal unfassbare 100 hm bergauf geht, kaum zu stemmen bei der Hitze. Dort aber wartet eine Bar auf uns, die Cola, Wasser und Steckerleis verkaufen. Wir sind da gegen 15:30 Uhr und sitzen da sehr lange… Ein alter Mann spricht uns an, wir glauben zu verstehen dass er in der Schweiz Staudämme gebaut hat. In den 50gern. Es ist irgendwie nett, weil er spricht nur italienisch, lässt dann aber immer wieder eine fast akzentfreie deutsche Formulierung einfließen, eben z.b. „In den 50gern“, „Staudamm“, „St.Gallen“, „30 Jahre lang“ „Auch Krankenhäuser“. Vielleicht wollte er auch ganz was anderes erzählen, aber er war sehr nett. Wie eigentlich jeder in den kleinen Bars durch die wir so durchkommen.


Nun wollten wir eigentlich die letzten 2 Stunden bis Ponte della Priula durchgehen, aber wir wissen auch, das Hotel das uns erwartet ist wirklich kein Highlight, der Ort auch nicht. Wir sehen bei einem googlemaps-Check dass eine Stunde von hier, in San Daniele, ein wunderschöner Italiener liegen soll, das Le Checco, am letzten höchsten Punkt bevor es nun wirklich GANZ in die Ebene geht, mit tollem Blick inselbige Tiefebene und phantastischem Essen. Da wären wir in einer Stunde, könnten da lange Abendessen, und dann im kühlen die letzte Stunde zum Hotel, nur bergab, gehen. Was für ein famoser Plan!


Als wir um halb 6 ankommen ist noch zu, aber in der Küche klappert jemand und die Loungemöbel sind bepolstert und die Tische eingedeckt, wir beschließen unser restliches Wasser zu trinken, den Blick schonmal zu genießen und zu warten. Um halb 7 kommt die ganze Familie, Mama, Papa und der kleine Sohn Marco, der einen Harry Potter Zauberstab dabei hat und seit einem halben Jahr deutsch in der Schule lernt. Und sich sehr freut, dass an uns ein bisschen ausprobieren zu können.



Das Essen ist wirklich ein Traum, der Blick und der Prosecco auch, nur beim Nachttisch herrscht Uneinigkeit. Während ich finde, dass die Mouse au chocolat nach mit Sahne und Butter püriertem Nutella schmeckt, findet die Geigerin das zwar auch, nur ich finde es etwas „schwer“, sie genau richtig. Das bleibt aber die einzige Meinungsverschiedenheit, die sich leicht lösen lässt. Sie kriegt die Mouse, ich das Tiramisu 🙂




Im Sonnenuntergang laufen wir richtung Hotel, es wird schnell dunkel, jetzt kommt sogar die Stirnlampe zum Einsatz!



Auf einem inzwischen stockdunklen Staudamm laufen wir richtung Priula, ich dränge dann aber doch bei der erstmöglichen Gelegenheit runter auf die Strasse zu biegen. Es wurde dann schon sehr dunkel, an der Strasse war Licht. Kurz vor 22 Uhr kommen wir am Hotel an. Das war ein echter Lebenskünstler-Tag, ich finde, wir haben diese erste lange Hitze-Asphalt-Etappe perfekt gemeistert. Wir waren genau 12 Stunden „Draußen“, davon 6 Stunden Gehzeit. Den Rest haben wir irgendwo mit Prosecco und Eis im Schatten verbracht 🙂



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