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Traumpfad München – Venedig Tag 38. Pausentag am Meer



Pausentag Lido di Jesolo, aus „heiß“ wird „Bestes Bade-Wetter“, Unterkunft Hotel Monaco


Ich weiß nicht ob man es gemerkt hat. Ich bin gestern irgendwie aus dem Flow und der Harmonie gefallen. Obwohl alles gut geklappt hat, das Hotel SO viel besser als erwartet, wir im Meer gebadet haben und DANN auch noch kurz neben der Touri-Meile auf Empfehlung der netten Anna von der Rezeption hier in einem so schönes Restaurant gegessen haben, draußen saßen, alles war schon wieder so gut. Obwohl der Mann am Telefon meinte, wir sollen nicht enttäuscht sein, wenn jetzt vielleicht die Zeit vorbei sein könnte, in der man über irgendwelche versteckten Landgasthöfe stolpert,  in denen man überall SOOO gut und dann auch noch für so wenig Geld essen und Prosecco trinken kann, so wir das halt die letzten Tage immer hatten. Möglicherweise würde es jetzt mal einfach teuer und schlecht hier auf der Partymeile von Jesolo. Und dann war auch dieser Abend schon wieder wirklich schön und lecker und hey – wir sind ans Meer gelaufen!


Aber Schmerzen wirken schon sehr stimmungsdämpfend und nehmen soviel Aufmerksamkeit in Beschlag. Der Radar für das Wahrnehmen von Schönem wird so viel kleiner. Wenn ich das was ich die letzten Tage mit meinen Füßen erlebt habe in Woche 1,2,3,4 oder 5 gehabt hätte, hätte ich mit Sicherheit abgebrochen. Jetzt nicht mehr und wenn ich auf den Händen nach Venedig rein laufe (eine meiner leichtesten Übungen!) Aber es machte mich sehr demütig und nachdenklich. Ist irgendwie doch ALLES nur Glück? Und bin ich als Kind, ähnlich wie Obelix in den Zaubertrank, halt einfach mal in so einen Glücks-Kessel gefallen? Kann man irgendwas selbst beeinflussen?

Ich wollte seit 2 Wochen schon die Veganerin anschreiben wie es ihr geht, die hat ja einfach Zähne zusammen gebissen und ging weiter. Sie müsste schon lange da sein. Aber da wo ich ihre Visitenkarte vermutete steckte nur die Gästekarte von Hintertux. Hatte ich aus Versehen die falsche Karte weggeworfen? Ich hatte in den letzten Hütten ein paar mal das Hüttenbuch gescannt, ihren Vornamen wusste ich ja, der war sehr ungewöhnlich. Aber keine Einträge. Ich hätte sie schon für so gewissenhaft gehalten, dass sie sich einträgt (ich hab das ja jeden Morgen wieder vergessen…) So ein Hüttenbuch scheint mir auch nicht so ganz DSGVO Konform. Na, auf jeden Fall hab ich die Karte jetzt doch „ganz wo anders“ als vermutet gefunden


Sie hat auch gleich geantwortet, total nett und lang, sie hat es nicht geschafft und schon Kreuzwiesenalm abgebrochen (das war ungefähr da wo der Mann eingestiegen war, das ist bei mir genau 3 Wochen her). Die Schmerzen im Knie blieben und sie konnte sich einfach nicht an dieses Wahnsinns Gewicht des Rucksacks gewöhnen. Ich fand das in dem Moment so „ungerecht“. Weil sie einfach so unbestritten „die bessere“ war, die soviel sportlichere und trainiertere, die so 1000 mal mehr Energie aufwendet, gesund und fit zu leben. Ob jetzt eine vegane Ernährung das Nonplusultra ist will ich hier nicht diskutieren, aber sie macht sich so viel mehr Gedanken WAS sie essen will und zieht es dann konsequent durch. Ich ja nicht. Sie ist die mit so viel mehr hochalpiner Erfahrung. Was heißt, „mehr“, ich hatte gar keine. Warum komme ich so weit und sie nicht. Ist doch letztendlich immer alles nur Glück?


Ich war gestern komplett abgeschnitten von dieser leisen inneren Stimme, eine Quelle, die ich die letzten Wochen so oft gespürt und gehört habe, die einen trägt, aus der man Ideen schöpfen kann, wo es immer richtig war ihr nachzugehen. Mal noch nichts vorzubuchen wenn es sich innerlich noch nicht so weit anfühlt. Eine Etappe ändern. Wo länger bleiben. An den teilweise „unmöglichsten“ Orten anhalten und 2 Stunden schreiben, weil es gerade raussprudelt. Es hat immer so gepasst, auch nachträglich betrachtet. Ich glaube, das ist eines der wichtigsten Dinge das ich mir von dieser Reise mitnehme, das wieder gespürt zu haben, es zu „testen“ und zu erleben bei einem „Projekt“ das so gänzlich losgelöst von meinem restlichen Leben besteht. Wo es leichter fällt sich da mal wieder drauf einzulassen. Und zu sehen, es „funktioniert“. Das will ich nie mehr vergessen, am liebsten nie mehr verlieren.


Gestern jedoch konnte ich so eine einfach Frage ob ich nicht einen Tag hier bleiben sollte einfach nicht „beantworten“. Zum allerersten Mal seit dem 07.07. dachte ich dass ich das jetzt aber „durchziehen“ muss, nur morgen noch, ein Tag, Tschakka! Das ich nicht SCHON WIEDER einen Tag nur rumhängen kann. Obwohl ich das von Anfang an ja irgendwie auf der Agenda hatte. Warum läuft man ans Meer wenn man dann da nicht mal einen Tag bleibt? Auch ohne Schmerzen „dürfte“ ich bleiben, Ich habe aber sogar Schmerzen, ein Tag Pause wird auf jeden Fall gut tun. Ich hab mir dann eingeredet, dass die Blasen in einem Tag ja auch nicht weggehen. Ja aber vielleicht alles andere?

Ich hab dann erstmal im ziemlich ausgebuchten Hotel nachgefragt ob ich denn überhaupt einen Tag verlängern könnte. Ich hatte ja noch die Stimme vom „Paten“ im Ohr „Kommen Sie NICHT nach Jesolo! Es gibt keine Betten mehr!“ Die nette Anna hat ewig in ihrem Computer rumgetippt und dann verkündet, das klappt nicht nur, sie könnte das auch so drehen, dass ich in demselben Zimmer bleiben könnte, nicht wechseln muss . Ach ich wäre dann die zweite Nacht alleine? Na dann lässt sie mir doch gerne nochmal 50 Euro nach. Wenn ich das jetzt heute, einen Tag später, schreibe, erscheint alles so klar und logisch, aber selbst da wusste ich nicht was ich jetzt machen soll. Obwohl da ein Plakat an der Rezeption hing, man soll hier gleich seinen Massage-Termin buche. Wieviel mehr „Zeichen“ braucht es?


Aber ich war so … Leer. Abgeschnitten. Ich musste dann wirklich zuhause anrufen. Der Mann meinte verlängern, das wäre eine gute Idee. Erinnert mich daran, dass ich keine Eile sondern viel Zeit habe. Und er beneidet mich sehr, einfach am Strand bleiben zu können, während alle anderen ins Büro müssen. Dass es in Venedig eh noch heißer ist, ich soll den Strand genießen.


Ja und heute habe ich einfach große Teile des Tages damit verbracht aufs Meer zu gucken. Zu Zeiten wo da sonst niemand war! Die Geigerin hatte auch kurz überlegt, ob sie da bleibt, heute Morgen verkündet sie, nein sie zieht weiter. Wir hatten das ja abends schon in allen Varianten diskutiert. Sie meinte irgendwann, wir sind die einzigen die beide ganz alleine los gegangen sind und noch „auf dem Weg sind“, ihr Studienkollege, der Geiger, kam damals auch erst ein paar Tage später dazu. Ich bin die ersten 3 Wochen alleine gegangen. Irgendwie passt das doch, dass wir diese letzte Etappe jeweils wieder alleine gehen. Und dann morgen Abend in Venedig gemeinsam Prosecco trinken. Oder Spritz. Oder beides, das wissen wir noch nicht. Aber da werden wir einfach auf diese „innere Stimme“ hören. Wir stehen um 7 Uhr auf, springen erstmal ins Meer. Ich bleibe dort, sie geht irgendwann aufs Zimmer packt sich zusammen. Niemand ist da! Bis 9 Uhr kommt auch fast niemand, die sitzen alle noch an ihren Frühstücks-Buffets. Endlich kann man das Meer begrüßen und spüren, so wie es angemessen ist! Mir fliegt heute morgen kein bunter Fussball auf den Kopf. Keine sächsischen Väter, die ihre Kinder lautstark beschimpfen. Keine österreichischen Teenager die diskutieren, ob es nicht in Bulgarien noch viel geiler sei. All das was gestern so anstrengend zwischen mir und dem Meer stand ist (noch) nicht da, jetzt sind da nur ich und das Meer. SO hab ich mir das vorgestellt.


Die Geigerin kommt schwerbepackt um 9 Uhr wieder runter, sie macht sich jetzt los. Wir verabschieden uns, ich sage ihr, was sie eh weiß, ich glaube ich will mich eher selbst für morgen daran erinnern:  „Genieße es!! Ankommen wirst du eh, genieße jeden Schritt dieser Seite im Rother-Wanderführer München – Venedig. Es ist die letzte.“

Den Rest des Tages verbringe ich zwischen Strand, Pool und dem netten Restaurant von gestern. Und bei der Massage, es war tatsächlich noch ein Termin frei. Ich bin wieder im Flow.








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