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Tag 9 Brü-Bri-Tour: Kaugummi-Beine

Sonntag, 20.7.25

Kühtai (Dortmunder Hütter) - Schweinfurter Hütte

Hm rauf 915, Hm runter 830, km 11,6

Unterwegs von 8:45 - 15:45 Uhr, reine Gehzeit ca. 6 h


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Die Nacht war ruhig und entspannt im Zweibettzimmer. Das Frühstück opulent, fast so wie bei Katharina am Bayernhaus.


Heute gehts bei mir zäh, zumindest bergauf. Das Wetter hält, es ist wohl der letzte sonnige Tag für eine ganze Weile, die Wege sind schön - Mondlandschaften wechseln sich mit schottischen Highlands ab, Schafe grüßen wieder freundlich. Aber keines hat heute Kuschel-Dienst.


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Aber sie sind durchgängig elegant!


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Wir starten wieder zu dritt bei bestem Wetter.

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Der Mann jagt uns durchs Skigebiet und dann eine steile Teerstraße hoch um zu einem Aussichtspunkt zu gelangen, von dem aus man die aktuell größte Baustelle des Alpenraumes überblicken kann. Das liegt strenggenommen nicht direkt auf dem Weg, sei aber nur ein kleiner Umweg, sagt er.


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Mann erklärt Baustelle
Mann erklärt Baustelle

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Und auch wenn ich kein ausgewiesener Baustellen-Fan bin ist das schon sehr imposant. Kühtai II - ein Pumpspeicherkraftwerk im Längental entsteht hier. Viele kleine Mini-LKWs und Bagger fahren unten auf und ab. Der Mann blickt kopfschüttelnd zu einem LKW am Rand „Der steht da jetzt schon seit 10 Minuten unbeladen und wartet. Da hat jemand nicht sauber geplant, sowas darf nicht passieren. Aufs Jahr gerechnet macht das richtig viel aus…“


Größte Baustelle des Alpenraums im Längental
Größte Baustelle des Alpenraums im Längental

Nach einer halben Stunde Baustellenpause laufen wir weiter. Die Wege sind nicht besonders schwer, das Wetter ist perfekt und trotzdem laufen meine Beine einfach nicht rund, alles ist extra anstrengend.


Bald erreichen wir den Kühtaier Stausee - der türkis unter uns glitzert.

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Hier beschließe ich, dass ich heute allein laufen mag und nicht will, dass alle ständig auf mich warten und fragen ob alles ok ist. Mir tut nix weh, Knie, Füße, Beine, Rücken, alles gut. Aber mir ist als wäre der heutige Tag auf Slow Motion Modus eingestellt, und ich finde den Knopf nicht, wieder auf Normalmodus umzustellen. Ich gehe in Zeitlupe, wie durch ZuckerWatte. Kaugummi-Beine. Sollen die anderen ihr Tempo gehen, die schnelle Frau wird heute zur Schweinfurter Hütte schleichen. Der Mann will eh schon wieder auf einen ING (auf den Kaspressknödelspitz oder so) wahrscheinlich ist er dann immer noch vor mir an der Hütte. Das ist ok. „Reserviert mir nur ein gutes Bett, wer immer zuerst da ist“ rufe ich ihnen nach. „Jaja“ sagt Julia, „ich sag da kommt noch die Katharina, die ist cool!“ „Neiiiin, das sagen wir bitte nicht mehr über niemanden! Niemand ist cool!“ Wir wissen, wie das das letzte Mal ausgegangen ist, als ich das über Julia gesagt habe.


Der Mann denkt er ist sicher, aber bestimmt gibt es auch liebestolle Hüttenwirtinnen. „Niemand von uns ist cool!“ beschwöre ich sie nochmal.


Dann sitze ich ein bisschen und schaue auf den Speichersee. An der gegenüberliegenden Seite könnte man wohl ins Wasser. Die Badebilanz auf dieser Tour ist bislang verheerend! Es wird eine der seltenen Gelegenheiten sein. Aber richtig warm ist es nicht.


Man umrundet den See fast einmal komplett, es gäbe tatsächlich eine gute Stelle um reinzugehen, ich überlege kurz aber selbst dafür bin ich grad zu kaputt. Also schleiche ich langsam weiter.


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Und dann geht Anstieg los, die Landschaft wird gerölliger. Ein paar Blumen grüßen und muntern mich auf.


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Heute ist landschaftlich alles dabei, grüne Wiesen, blaue Stauseen, Vulkan-Mondlandschaften. Als ich gerade halbwegs in einen Rythmus finde, kommt mir ein Typ entgegen. Ob ich etwa noch bis zur Schweinfurter Hütte will? Boah das sei sooooo weit, und der Weg soooooo schwer! Ich gucke verwirrt auf mein Handy „es sind doch nur noch 300 hm rauf?“ „ja aber DIE haben es SOWAS von in sich. Es ist total schwer und man muss ständig klettern!“


Mich regen so Menschen ja unglaublich auf. Die nicht ermutigen sondern (völlig sinnlos) Angst machen. Weil sie vielleicht selbst grad überfordert sind oder was weiß ich. Die nicht vor objektiven Gefahren warnen, wie der nette Herr vorm Gatterl („pass ein bisschen auf, der Regen hat das echt in eine Schlammpiste verwandelt, es ist nicht leicht zu gehen heute, aber du schaffst das schon.“) Sondern eben einfach nur Panik verbreiten. Beim Wandern und im Leben. Wegen Typen wie ihm gibt es den Berufsstand des Coach überhaupt. Ich würde auf den Teil meines Jobs gerne verzichten, wenn wir uns stattdessen einfach alle gegenseitig mehr Mut zusprechen würden, als Angst machen. Kein blind-blauäugiges „Tschakka, du kannst alles!“ aber ein ehrliches ermutigen. Einander gegenseitig stärken, am besten bei jeder Begegnung. Das wünsche ich mir. Aber gut, nicht heute, nicht hier. „Ich geh dann mal besser weiter, wenn das noch so schwer wird.“ sage ich daher.

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Blick zurück auf den Stausee - das ist schon grandios.


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Ich weiß ja immer SEHR genau, wieviele Hm rauf noch fehlen (den Mann nervt das manchmal, dass ich da immer draufschauen muss..) Heute sind es 820 rauf, wenn die geschafft sind isses geschafft.

800, 810, 820…fertig, oder?


Vor mir geht es aber noch ganz schön weiter bergauf. Ich realisiere gerade, dass der Baustellen-Umweg uns mind, 100 Hm extra draufgemogelt hat… Hmpf…

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Ich weiß nicht wo der besorgte Herr so viel geklettert ist - ich klettere (fast) nirgends. Vielleicht hatten er sich irgendwo verstiegen - das passiert den Besten.


Ein Schild kommt ins Blickfeld - Das klingt machbar…


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Und irgendwann sehe ich weit in der Ferne einen roten Rucksack, über die Steine hüpfen, ist das Julia? Beim Abstieg bin ich ja manchmal schneller (rauf nie) ich hole sie tatsächlich noch ein. 


Der Mann ist auf den KaspressKnödel-Berg abgebogen und scheins echt hinter uns? Das kann ich ja nicht glauben..


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Und dann heißt es schon bald wieder „Hütte in Sicht!“

Runter gehts jetzt echt schnell, der Mann ist tatsächlich nicht dort.


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 Ich überlege mir Sorgen zu machen. Natürlich gibts wieder kein Netz. Angeblich manchmal am Fahnenmast. Während ich da gerade so stehe und wie ein Goldgräber auf wenigstens einen Balken warte, so dass in Anruf oder eine SMS rausgeht, sehe ich aber doch einen orangen Punkt die Strasse raufkommen. Gottseidank.


Sie haben eine schöne Terrasse, man kann noch kurz draußen sitzen auf ein Stück Kuchen. Und dann weiß ich echt grad gar nicht mehr, wo und wie wir geschlafen haben und was es zum Abendessen gab?? Voll vergessen. Julia, Mann, kann wer aushelfen??


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