
Montag 21.08.23
GTA Grande Traversata delle Alpi Fondo - Piamprato / von da weiter mit Bus nach Ronco (er geht abends um 17:30)
Unterkunft das neue Posto Tappa Locanda della Luna (GROSSARTIG!)
Km 12,5 - Hm rauf 1.360 - Hm runter 870
Unterwegs von 07:30 - 16:15 Uhr, reine Gehzeit 7h
Liebe Leser, ich hab die Kommentarfunktion geändert, es sollte jetzt jeder kommentieren können! Schreibt gerne euren Namen dazu, sonst weiß ich nicht, wer ihr seid! ☺️ Danke allen, die sich dem kompletten Anmeldeprozess unterzogen haben um mitschreiben zu können. Ihr seid jetzt „Clubmitglieder“ sagt der Anbieter meiner Website. Das ist ja schon auch cool, oder?
Die morgendliche Brücke liegt noch etwas verschlafen vor mir, die Berge leuchten im Hintergrund. Da gehts heute lang, erst das schöne Tal hinter, immer am Fluss, dann halt doch wieder „nauf“. Und runter.

Das alte Ehepaar will 30 Euro von mir, für das große Balkon- Zimmer für mich alleine, Frühstück und das Abendessen. Das war jetzt die günstigste Unterkunft bislang. Für 3 Euro gibt sie uns noch Verpflegung für den Tag mit, ein riesiges Panini, auf dass sie ein Pfund Bergkäse und ebensoviel Salami drauflegt. Ich bin ja immer nicht so der „Proviant-Typ“ aber jetzt für die langen Etappen gewöhne ich mir das doch an. Wasser hab ich wegen der Hitze jetzt auch immer viel mehr dabei, das Gepäck ist dadurch schon echt schwer. Die 1000 rauf 1000 runter Etappen würde ich jetzt vielleicht langsam besser schaffen, aber still und heimlich wurde das Level erhöht. Jetzt sind es ständig 1200, 1300 oder einmal sogar 1600 rauf, bei viel Hitze und damit verbunden eben mehr Gepäck.
Und vor der heutigen, da hatte ich ein bisschen Respekt. Erstmal wie am Schnürchen 1.350 Hm rauf, 4:30 setzt der Rother dafür Gehzeit an.

Ich nehme mir vor nach 6 h mit Pausen oben am Grat zu sein. Das klappt - aber grad so.
Ich laufe als erstes los, die Lehrerinnen sind beide Typ „nochmal aufs Zimmer gehen.“
Da ich so früh dran bin, und schon an der „richtigen“ Stelle der Etappe stehe, bleibt es die ersten zwei Stunden schattig.
Der Weg schlängelt sich an diesem tollen Badefluss weiter, in ein Hochtal, das glaub ich eines meiner liebsten wird. Ich mache tausend Fotos in den ersten 3 Stunden, weil die Landschaft einfach so stimmig schön ist. Der Fluss zur Linken, das Bergmassiv vor mir, es ist ein perfektes Bild.


Man passiert so viele tolle Badepools, aber dafür ist es jetzt doch zu früh. Die Steigung bleibt bis Höhenmeter 500 auch wirklich moderat. Ich fühle mich nach den letzten beiden gut gemeisterten Etappen stark und frei. Die Landschaft ist unglaublich!
Irgendwann überholt mich ein Trailrunner und spricht in unfassbar schnellem italienisch auf mich ein. „Non Capisco“ sage ich. Er spricht langsamer: „Bist du KEINE Italienerin??“ fragt er verblüfft. Äh nein. Ich trage Bergstiefel und keine bunten Sneakers, eine kurze Hose und keine Hotpants, ein T-Shirt und kein Top. Man könnte an vielen Dingen erkennen, dass ich KEINE Italienerin bin…
Wo ich hinlaufe, fragt er. Nach Piamprato.
Er reißt die Augen auf. „Nach Piamprato??? Heute?? Nein, das geht ja gar nicht, ob ich irgendwo biwakiere? Aber es gibt gar kein Biwak oben, ob ich das weiß?“ Hä? Er kann nicht glauben, dass ich das in einer Etappe gehen will, wünscht mir viel Glück (?) und joggt kurz drauf beeindruckt weiter. Seine aufgerissenen Augen verfolgen mich tatsächlich noch eine Weile. Ist das SO schwer?
Die beiden Lehrerinnen überholen irgendwann, die sind sowas von fit und schnell. Die jüngere ist 40, die schon pensionierte 64. Sie waren Kolleginnen, beide für Französisch Spanisch am Gymnasium, sind Freundinnen und gehen gerne gemeinsam in die Berge.
Wir machen ein gegenseitiges Fotoshooting an einer besonders schönen Stelle, dann ziehen sie vorbei. Ich mache einige Pausen, schaue in die Landschaft, langsam wird es sonniger aber es geht noch gut.

300 Hm vor dem Gipfel kommt mir der Trailrunner von oben entgegen. Er sei ja schon auf dem Rückweg, ruft er mir zu. Ach nee, ich hätte jetzt gedacht er läuft rückwärts den Berg hoch hoch um seinen Hintern zu definieren… „Ich hab noch nen Moment“, sage ich. „Aber in einer Stunde sollte das ja auch geschafft sein“. Er guckt mich verblüfft an. „Niemals! Normale Menschen brauchen von hier 1,5 h, aber DUUU, also du läufst ja sehr piano. Sehr sehr piano.“ Ich bräuchte noch mindestens 2 h, prophezeit er, vielleicht auch noch viel länger. ER sei ja schon auf dem Rückweg…ich sei ja SOO piano unterwegs. Ich weiß nicht was „Oberkasper“ auf italienisch heißt. Und ich würde ihm gerne sagen, dass er ein 500 ml Fläschchen Wasser neckisch um seine Hüfte gewickelt trägt, während ich mindestens 13 kg Gepäck auf dem Rücken schultere. Es sind noch knappe 300 hm steil hoch, meine Schweizer Freunde würden das plaudernd in 20 Minuten hoch spazieren, ich werde ne Stunde brauchen, aber dann hab ich’s auch. (Von seiner Prophezeiung bin ich in 57 Minuten oben) „aber oben, nach Piamprato, da geht es dann ganz leicht, nur noch 1,5h dann wäre ich da, auf ganz leichten Wegen“ behauptet er. Das mit den 1,5h hat er oben vom Schild abgelesen, hat er sich jetzt doch informiert, dass das in einem Tag geht…Leider ist beides falsch, es dauert 2h wenn man zügig geht und es ist alles andere als leicht. Mein Top-Tip: Hört unterwegs niemals auf Italiener oder auf italienische Schilder. Er ist ja schon wieder auf dem Rückweg, das heißt, er war schon oben, und geht jetzt zurück, erklärt er mir nun zum dritten Mal. Ich wünsche ihm einen schönen Tag und gehe weiter…
Ich bekomme ein bisschen Schatten zum hochgehen.

Der Schlussanstieg ist dann doch irre steil, ich glaub fast nicht hochzukommen. Wo ist die Leiter?? Es geht die letzten 100 Hm fast senkrecht hoch… Aber dann krabbelt man halt auf allen Vieren hoch…Da sieht man auch was da alles wächst…

Oben angekommen mache ich erstmal auuuusgiebig Pause. Bis 14 Uhr oder so liege ich da am Grat rum, die Temperatur lässt es jetzt wieder gut zu.

Die Schwaben kommen an, als ich gerade aufbreche: Sie sagt überrascht: „Also deine Unterkunft, von außen sah das doch total nett aus! Die Lage am Fluss! Und es hing ja WÄSCHE am Balkon!“ „Was meinst du damit?“ „Na sie scheinen ja die Bettlaken zu waschen, so schlimm kann es doch dann nicht sein?“ Sie übernehmen meinen Pausenplatz - jetzt noch 2 h Abstieg.

Und hier sind diverse Gefahrenstellen markiert, die diese Etappe zu „einer der schwersten auf dem ganzen GTA“ machen sollen. Es ist gut das zu wissen, da ist ein Blocksteinfeld, wo einige Steine wohl locker sind, es ist nicht lang.

Es gibt eine weitere Stelle, wo Flechten verbergen, dass man mit einem Tritt auf selbige steil die Schlucht runterstürzen würde.


Es ist gut das zu wissen, gleichzeitig sind die Wege meist breit genug oder zum Teil mit einem Seil versichert. Man sollte eben hier nicht überholen oder plaudernd nebeneinander hergehen. Später sind in ein paar Felsen Tritte eingelassen, auch das geht gut.

Als ich ungefähr eine Stunde vor Piamprato bin, mit 2 h Restzeit bis zum 17:30 Uhr Bus, nach Ronco, nähert man sich dem Fluss wieder soweit, dass man gut reingehen kann. Ich finde eine ganz gute Stelle, diskutiere kurz mit mir ob ich nicht doch lieber schnell zu diesem einzigen Bus bis morgen früh gehen soll, aber 5 Minuten baden + 10 Minuten sonnen, das sollte auf jeden Fall gehen.
Die Schwaben überholen kurz drauf, da sie in Piamprato schlafen haben sie mehr Zeit, ich sehe sie 10 Minuten weiter unten an einem echten Traum-Fluss-Pool mit Wasserfall liegen. Aber da muss man ein bisschen hin und hochklettern, die Zeit hab ich nicht.
Es kommt dann nochmal sehr überraschend die vielleicht schwierigste, weil am stärksten ausgesetzte Stelle. Es geht nochmal an Seilen und durchaus stark ausgesetzt länger um zwei Felsenbänder herum. Die jüngere der beiden Lehrerinnen, die nicht ganz schwindelfrei ist, wird abends sagen, dass sie das schon nicht so einfach fand.


Aber danach ist der finale Abstieg nur noch ein Spaziergang.

Man passiert einen mächtigen und stark knisternden Riesenstrommasten, und dann sieht man schon das nette Piamprato. Da im einzigen Cafe sitzt das Lehrerinnen-Duo, jetzt ist eine Stunde Luft kurz durch den sehr kleinen Ort zu schlendern und hier einen Kaffee zu trinken.
Der Klein-Bus kommt um kurz nach 17 Uhr an, der Fahrer macht hier Pause und ruft mir fröhlich zu, er fährt dann um 17:35 los. Die Fahrt kostet 1,90 und ich habe mal wieder einen Privatfahrer.

Der Rother endet einfach in Piamprato und geht am nächsten morgen kommentarlos von Ronco weiter. Liebe Leut, schreibt halt einen Satz dazu!! Entweder man legt eine extra Etappe ein - und diverse Führer schreiten sich, was hier die „echte“ GTA-Etappe wäre (jemand der eine davon gegangen ist beschrieb sie als sehr Highlight-arm) oder man geht 3 h an der Strasse entlang, oder man nimmt entweder den Bus abends, wie ich jetzt, um am nächsten morgen schon am richtigen Ort zu stehen ODER man fährt am nächsten Morgen. Da geht der Bus um 9:20 Uhr und man ist dann erst um 10 Uhr beim Einstieg. Da zu starten ist mir bei der Hitze zu spät.

Alle anderen bleiben in Piamprato, weil der Ort wirklich sehr schnucklig ist und schön liegt, das Agriturismo muss toll sein. Und sie denken, dass sie dann morgen früh schon irgendwie trampen können.
Als ich in Ronco ankomme bin ich ziemlich überrascht. Da es hier ja nur eine Unterkunft gibt, dachte ich, der Ort wäre viel kleiner als Piamrpato. Ist er aber nicht. Es gibt Geschäfte!! Das alte Posto Tappa gibt es nicht mehr, das neue ist überraschend. Ich hatte erwartet, jetzt auch mal in einer Turnhalle schlafen zu müssen aber es ist ein nagelneues Hotel mit großem Garten, Balkonen vorm Zimmer usw.


(Foto am nächsten morgen gemacht, ohne Leute)
Der Biergarten ist voll mit Einheimischen, ein Pärchen sitzt da und sieht mich erwartungsvoll an, die sehen auch nach Weitwanderern aus. Ich werde sie gleich kennenlernen. Die sehr junge Chefin ist meganett, spricht ein bisschen englisch, trotzdem verstehe ich sie nicht. Sie erklärt mir, ich habe ein Zimmer allein, aber da wären noch andere, ob das ok wäre? Ich gehe ja eh von einem Schlafsaal aus, verstehe also nicht, warum ich gefragt werden sollte, ob da noch andere sein dürfen? Der Mann des Paares von der Terrasse nähert sich, er spricht besser englisch und JETZT verstehe ich es: Es ist ein Hotel, es gibt ganz normale Zimmer, ich habe gestern das letzte reserviert, das ist auf jeden Fall meins, aber da es ein Vierbett-Zimmer ist wäre die Frage, ob ich die beiden in mein Zimmer aufnehmen würde. Sie haben nicht reserviert, würden aber gerne hier schlafen. Sie warten schon ein paar Stunden auf die, der das Zimmer „gehört“. Ah!! Wie schön, jetzt kann ich das Glück und die Großzügigkeit, die wir mit dem „Manager-Zimmer“ hatten, zurückgeben. Sie sehen nett aus, ein schweizer Paar vielleicht Anfang 50. Ja klar ist das ok!!
Die beiden sind sehr erleichtert.
Als wir in dem schon eher kleinen intimen Hotelzimmer ankommen, ist es doch einen kurzen Moment komisch jetzt hier mit zwei Fremden zu stehen, aber das legt sich schnell.

Sie sind echt sehr nett… Ein Paar aus der französischsprachigen Schweiz. Und….nach dem Wien-Nizza Mann die zweiten ECHTEN Weitwanderer!! Sie haben sich 4 Monate Sabbatical im Job erkämpft, sie als Kindergärtnerin und er bei einer Behörde. Und jetzt laufen sie seit Anfang Juni auf der Via Alpina von Meer zu Meer. Von Triest nach Monacco. Läuft man alles, sind es über 100 Tage. Verrückt. Wir sitzen beim Abendessen zusammen, sie haben viel zu erzählen, sind große Teile auf „meiner“ Salzburg-Triest-Route gelaufen, waren in Deutschland auf der Meilerhütte am Schachen. Am tollsten fanden sie - hört hört - die Tage auf dem karnischen Höhenweg. Das meinte ja der Wien-Nizza-Mann auch. Vielleicht muss der doch nochmal auf meine “Liste“. Also, der Höhenweg.
Sie haben auch einen Blog bei „polarsteps„ (was es alles gibt, wieso hab ich jetzt schon zum zweiten Mal eine ganz eigene Website aufbauen lassen???), für meine dem Französisch mächtigen Leserinnen:
Da könnt ihr dieses riesige Abenteuer mitverfolgen.

Der ebenfalls sehr junge Chef meint beim Abendessen zu uns, wir können bei ihm in französisch oder italienisch bestellen. Ich ziehe meinen heutigen „Franzosen-Joker“ und lass die beiden übersetzen. Man darf hier nämlich aus lauter tollen Sachen sein Abend-Menü selbst wählen!
Das mit dem Französisch hat die letzten Tage langsam zugenommen, das hört man jetzt immer mehr. Ich finde es hier so schön, sitze ewig im Garten und ich freue mich, dass hier mit soviel Herzblut mal die „Junge Generation“ übernommen hat, das erste Mal auf dieser Tour bislang. Durch eine halbgeöffnete Tür sehe ich ein Spielzimmer und ein kleines Mädchen dort schlafen. Da baut sich eine kleine, junge Familie etwas auf. Das gefällt mir sehr. Und dass ich die angeblich „schwerste“ Etappe des 65-tägigen Gesamt-GTAs bravourös gemeistert habe natürlich auch 😊. Jetzt kommen nur noch Leichte…😂
GTA Grande Traversata delle Alpi Fondo - Piamprato
ich verletzte mich ja immer nur auf Hoteltreppen in Großstädten beim Ankommen... Auf dem Berg bin ich sicher ;-)
Liebe Katharina, nach zwei Offline-Tagen komme ich heute erst zum Lesen. Den Karnischen Höhenweg empfehle ich Dir auch gern weiter - landschaftlich sehr schön, da sind wir gerade. Hatten nur 3 Tage Wetterpech - sehr schade. Und aktuell (die Sonne ist wieder da) bin ich von Magen-Darm heimgesucht, eine echt miese Erfahrung am Berg ... Schauen wir mal, ob wir morgen weiter gehen.
Ich freue mich auf Deine letzten Berichte!
Grazie 🙏 dieser Bericht wird für uns die mentale Vorbereitung für die Fortsetzung der GTA im nächsten Sommer. Da können Rother und Bätzing nicht mithalten 😜 Wir sind gespannt wie es weitergeht. Herzlichst Bettina und Werner
Also diese letzten 300hm, da habe ich mir erstmal eine Latte Macchiato gemacht, so anstrengend schon das Lesen...Brava!!! LG Christine B.
Irre allein da auf weiter Flur mit diesen Wegen!! Ich ziehe ihn erneut, den nicht vorhandenen Hut.
heute beim lesen hab ich mich gefragt ob da eigentlich nur Deutsche unterwegs sind auf diesem GTA und überhaupt keine Italiener, Franzosen oder Schweizer? Das finde ich echt auffällig - immerhin kamen jetzt Schweizer ins Spiel, dass sie dann gleich mit dir auf dem Zimmer landen fand ich sehr lustig 😂
freu mich auf die letzten Berichte!!