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Tag 3 GTA - Von Irland nach Canada in einem Tag


Samstag, 29.07.23

Rifugio Margaroli nach Alpe Devero, Unterkunft Hotel Locanca Antica (das wohl älteste Hotel am Ort)

km 15 - Hm rauf 500 - runter 1060. Unterwegs von 8:00 Uhr bis 14:30, reine Gehzeit 5,5h


Ich wache um 5:52 Uhr auf. Mein erster Gedanke: „cool, ich hab mir nachts kein einziges Mal den Kopf an der sehr tief über mir hängenden Zimmerdecke angehauen“. Der zweite: „und aus dem Bett gefallen bin ich auch gar nicht, obwohl keine Sicherung vor der Matratze war und ich im Stockbett oben schlafen musste“. Der dritte lässt mich dann aus dem Bett springen (wobei ich mir zum ersten Mal den Kopf anhaue) „Mist, ich hab meine Bergschuhe gestern draußen stehen lassen!“ Hoffentlich hat es nicht geregnet!! Ich wollte sie dann schon noch wegräumen, (später!) aber dann kam die Sonne nochmal raus, und ich bin sofort in die FlipFlops gewechselt und dann kam grad der Aperol Spritz, zusammen mit ein bisschen Antipasti und ich hatte doch eh schon so Hunger und sie können ja auch ein bisschen ausdampfen bevor man sie zu den anderen Dampf-Schuhen in den sehr engen Schuhraum stellen würde…


Ich springe runter, alles ist dunkel, Frühstück ist schon seit gestern Abend aufgetragen, italienisch süß und karg, Zwieback und Marmelade.



Die Tür ist abgesperrt, der Schlüssel steckt, draußen klare Morgenluft, eine friedliche Atmosphäre aber meine Schuhe sind nicht da!!! Es war im Vorfeld eine lange Diskussion mit mir und dem Mann ob und wenn ja welches zweite Paar Schuhe ich noch mitnehme. Die Entscheidung fiel letztendlich auf die Barfuß-Schuhe, die mich gut und sicher von Tolmin bis Triest getragen hatten. Die hab ich aber nirgends finden können. Dann standen festere On-Trail-Schuhe als zweite Wahl lange neben dem gepackten Rucksack, aus Gewichtsgründen (weitere 600 g) und vor allem zu viel Packvolumen blieben sie im letzten Moment dann doch zuhause. Und jetzt habe ich nur Bergschuhe (oder eben auch nicht mehr) und Flippis.


Ich drehe mich 360 Grad im Kreis, und da stehen sie! Jemand hat sie unters Dach geräumt! Gleich neben dem Wäscheständer. Immer wenn ich auf Touren was vermisse, war es irgendein mitdenkender Engel, das letzte Mal in Hinterriß / Karwendel, wo jemand meine Unterwäsche von der Wäscheleine in den Trockner „geklaut“ hatte, weil sie morgens noch nicht ganz trocken war. Ich habe noch nie mitbekommen, dass etwas geklaut wurde. Verwechselt allerdings schon das eine oder andere Mal…


Mit dem Bewusstsein heute in perfekt durchgelüfteten Bergschuhen laufen zu werden, setze ich mich in die Stube und schaue dem Tag und der Hütte zu, wie sie langsam aufwacht. Der Wirt bringt nun doch noch Brot und Butter und peppt das Zwiebackfrühstück damit deutlich auf. Ich finde (in dem mir noch neuen Webseiten-Blogprogramm) wo ich eure Kommentare lesen und auch beantworten kann. Danke dafür, das freut mich immer sehr!


Gegen acht Uhr starten Elisa, Martha und ich zu einem (vermeintlich) leichteren Tag als gestern, vor allem ein Tag, wo die Höhenmeter alle am Anfang kommen und man dann nur noch gechillt durch schöne Landschaft lustwandelt. Soweit der Plan…


Die Sonne begleitet uns auf unserem Weg, der uns erstmal den halben See umrunden lässt, mit ganz gemächlichem, kaum spürbarem Anstieg. Wir brauchen trotzdem ewig, weil beim Zurückblicken die Hütte so schön am See liegt, das Licht so besonders ist, Kühe auf ihre Almwiesen getrieben werden und jeden Meter sich eine noch schönere Landschaft auftut. Und wir viele, viele Fotos machen. Es hat schon wieder das Zeug zu einem landschaftlich schönsten Tag!.

Um acht Uhr gehts los - heute in 3-er Kombo Martha, Elisa und die Alpenbloggerin:-)


Margaroli Hütte beim Rückblick



Um uns rum ist alles tiefgrün, satte Wiesen, viele Kühe, man denkt an Irland und Kerrygold Werbung. Es ist Samstag und ein beliebtes, gut erreichbares Wandergebiet. Eine meiner GTA-Sorgen war (und ist es immer noch) ob diese Tour nicht doch ZU einsam ist, kaum bekannt, stiller Tourismus. Ziel und Zweck dieser Tour auch die kleinen italienischen Bergdörfer sanft anzuschließen. Aber eben einsam. Der Mann wird es diesmal wohl auch nicht schaffen sich wie sonst 1-2 Wochen anzuschließen, wir hatten gerade zwei schöne Bergwochen gemeinsam in Osttirol und somit liegen vor mir 5 einsame Wanderwochen. Das hatte mich eine Weile beschäftigt. Heute nicht. Elisa und Martha wandern heute mit. Und dann noch viele, viele, viele italienische Gruppen. Italiener wandern ja gerne gemeinsam. Alle Freunde. Sonst scheint es nicht zu gelten. Ich mag es ja immer nicht so, wenn mir Leute in den Fersen laufen, ich lass dann lieber überholen. Bei Italiener geht das nicht, die bleiben dann auch immer stehen, wenn man selbst stehen bleibt. Wenn ich Pause mache, machen sie das auch. Um dann wieder loszulaufen, wenn ich auch wieder loslaufe..


Ein morgendliches Murmeltier-Ehepaar grüßt uns von einem Felsen herunter, sie liegen in der Sonne, schauen und lassen es sich gut gehen.



Es wird immer noch grüner, noch mehr Kühe, eine abenteuerliche Flussüberquerung, alles bislang auf einfachen Wegen in angenehmer Steigung.



Mit vielen Italienern in den Fersen arbeiten wir uns rauf zur Scatta Minoia - ein weiteres frühes HIghlight auf dem GTA - hier liegt nämlich bereits mit 2.599 m der Höchste Punkt der Tour. Der Weg dorthin wird erstmals alpiner und „anspruchsvoller“ als bisher, nicht nur steil sondern mit vielen Geröllfelsen und Steinplatten über die man z.T. klettern muss. Und während ich alle Beine und Arme brauche um da gut hochzukommen sehe ich plötzlich was?? 3 Herren, die ihre überdimensionierten Mountainbikes hochtragen. Ich lasse sie überholen, sie haben ein sehr großen „Radius“



In der Annahme, auch das seien bestimmt Italiener, rufe ich auf deutsch: „ein bisschen verrückt ist das schon??“ es kommt auf schweizerdeutsch zurück: „ein bisschen spinnen muss man, sonst hat man nichts vom Leben!“ Kurz drauf stürzt der mittlere, sein Fahrrad fällt auf ihn drauf. Seine Freunde versorgen ihn, dann steht er plötzlich wieder und es geht weiter.


Mein Körper ist noch nicht so richtig auf Weitwandermodus. Er ist sehr überrascht, dass es heute schon wieder bergauf geht und findet es auch ganz ohne Fahrrad überm Kopf überraschend anstrengend. Das Gefühl hält den ganzen Tag an.


Ich war so auf „das wird ein leichter Tag!“ eingestimmt und dann war es zwar ein traumschöner Wandertag, aber eben durchgängig anstrengend. Heute fühlt sich auch der Rucksack wieder viel schwerer an als gestern.


Trotzdem sind wir 2 Stunden später - gegen 10 Uhr - oben. Am höchsten Punkt der GTA-Reise: 2.599 hm. Oben ist auch so ein Selbstversorger-Biwak, das aber im Vergleich zu den bisherigen echt gut und sauber aussieht, mit echten Stockbetten und Decken und ein kleiner Küche.


Hier oben zieht es dann auch langsam zu, und mit dem Abstieg wechselt die Landschaft komplett. Vom krachgrünen, saftigen Irland jetzt eher in ein englisches Hochmoor. Es nieselt ein wenig, was aber perfekt zur Landschaft passt. Fast erwartet man, gleich einen Kriminalfall lösen zu müssen.




Die 3 Fahrradfreunde sind wieder auch wieder da und rollen mit ihren riesigen Bikes hinter mir her. Ich will sie mehrmals überholen lassen, aber sie wollen unbedingt hinter mir bleiben. Ich sehe es kommen, ich werde auf dieser Weitwanderung noch von einem Fahrrad erschlagen. Vermutlich heute…


Es bleibt zugezogen, hört aber bald zu regnen auf. Wir erreichen eine Forststrasse, auf dieser geht es jetzt weiter bis zum Lago Devero. Hier sieht es plötzlich aus wie in Canada!! Ich war da ja letzte Woche grad erst beim wandern, ich erinnere mich genau! Nadelwälder umsäumen den See, an dem wir jetzt noch hälftig entlangwandern. Mittendrin treffen wir Karin, die heute morgen mit uns am Frühstückstisch saß (der ganz aufmerksame Leser hat ihren Namen auf dem Frühstücksbild erspäht). Sie war so schnell da, dann war ihr langweilig, jetzt umrundet sie noch den ganzen See. Wir stellen fest, dass wir heute Abend in derselben Unterkunft sind. Wie schön! Bin ich ja heute Abend schon wieder gar nicht alleine!

Dann erreichen wir den Bilderbuch Ort Crampiolo.

Dort machen wir Lunch, feiern mit einem Glas Prosecco, das wir fast das Etappenendziel erreicht haben, bevor wir uns gegen 13 Uhr auf sehr leichten, kinderwagenfreundlichen Wegen die letzte halbe Stunde nach Alpe Devero aufmachen. Dort noch ein Kaffee, dann müssen Martha und Elisa ihren Bus zurück erwischen. Ich checke im Antica Locanda ein. Wie es da so war und wie der Abend war, das erzähle ich euch dann morgen. Es ist 8:15 Uhr und ich muss los. Heute stehen wieder 1.000 hm auf dem Programm und ich gebe zu, nach gestern habe ich etwas Respekt davor. Ich mache mich also besser mal los.

Bis später!





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