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Tag 31 - GTA Das weinende Panna Cotta



Samstag, 26.08.23

Pialpetta - Balme/Cornetti, Unterkunft Les Montagnards, auch genannt der Gourmettempel…(heimliches Ziel meiner Reise, bis hierhin wollte ich wenigstens kommen...)


Km 16,5 - Hm rauf 1.600 (!!!!) - Hm runter 1.250

Unterwegs von 5:45 (!!) - 16:15 Uhr, reine Gehzeit 9 h


“Vergiss die Taschentücher nicht!“ sagt der Mann, als ich auflege um genau JETZT zum Abendessen zu gehen. Ich bin angekommen, am heimlichen Ziel meiner Reise. Das Agriturismo Les Montagnards in Cornetti, bei dem der Rother Leser zitiert, die berichten, dass sie „spätestens beim Panna Cottta weinen mussten.“ Das Les Montagnards, das sich als Gourmettempel einen Namen gemacht hat. Les Montagnards, das klingt schon so gourmetig.


Die beiden australischen Lehrer, die wir vorgestern getroffen haben, die meinten ja es sei wirklich unglaublich gewesen, dieses Essen, eines der besten ihres Lebens. Und die waren echt alt, haben also einen langen Vergleichszeitraum. Aber es gab Bonet als Nachtisch, dieses piemontesische Schokogriespuddinggedöns, mit dem ich nicht so richtig warm werde. Der Mann und ich hatten dem noch zweimal eine Chance gegeben, einmal in einem bisschen schickeren Restaurant in Oropa, wo es bestimmt in bester Qualität war. Aber ich bleib dabei: Kann man schon essen. Muss man aber nicht. Für die Mächtigkeit ist es einfach nicht lecker genug. Dafür bin ich nicht hier. Ich bin hier für Panna Cotta.


Ich muss diese wichtige Frage also gleich als Erstes beim Einchecken klären: „Gibt es heute Panna Cotta?“ frage ich. „Gerüchten zufolge wurde hier vor ein paar Tagen wohl BONET serviert!“ Ich versuche dabei nicht das Gesicht zu verziehen.


Die Chefin lacht laut auf, sie hat den Rother in allen Sprachen im Regal am Fenster stehen, sie weiß was da über ihr Haus und dessen Nachtische geschrieben steht. Sie sieht ihren Mann fragend an, wohl der Küchenchef. Dieser nickt lachend, sagt irgendwas auf italienisch zu ihr. Sie übersetzt: „Es gibt beides. Du kannst später auswählen, was du magst.“ „Ich wähle gleich. Das Panna Cotta.“ Einfach, damit das geklärt ist. First things first.


Wer bergauf nicht schnell laufen kann, muss früh aufstehen. So einfach ist das, wenn 1.600 Hm Aufstieg vor einem liegen und sich ein Gewitter für heute angekündigt hat. Ich stehe um 5 Uhr auf und bin doch ein bisschen überrascht, WIE dunkel es ist. Halb 6 los wie geplant, in diese tiefschwarze Suppe rein? Der Widerstand ist gerade recht hoch. Ich habe den Einstieg gestern beim Runterkommen schon gesehen, es biegt gleich von der Straße weg in einen noch dunkleren Waldpfad, also…puh.


Ich trödel noch ein bisschen rum aber es hilft ja nix, es gibt ja Gründe, warum ich so früh los will. Um 5:45 Uhr schalte ich dann also seufzend meine Stirnlampe auf die hellste Stufe ein und stampfe tapfer in das schwarze Schwarz hinein.


(Das neue iPhone hat so ne tolle „macht auch im dunkeln gute Bilder“-Funktion. Das verfälscht hier aber, es war rabenschwarz…) Auf dem Schild seht ihr, wie weit das ist… Nach Balme geht es heute…


(Alpenbloggerin mit Stirnlampe, wie sie grad in einen schummrigen Waldweg einbiegt…)


Ab halb 7 wird es langsam dämmrig, um 7 Uhr ist es taghell. Es beginnt recht steil, hoch durch einen Wald, dann wechseln sich flachere Stellen mit den steileren ab. Ich bin langsam, aber laufe konstant. Die beiden rauf-gehts-ja-immer-schnell-Jungs haben mich schon um kurz vor 8 überholt, sie sind um 7 Uhr losgegangen…ich weiß auch nicht, was mit mir los ist…

Blick zurück auf Pialpetta


Das Wetter ist (mal wieder) besser als angekündigt, bislang wolkenfreier blauer Himmel.


Ich wollte nach 1.000 Hm meine Hauptpause machen aber gleich kommt ein See, bis dahin lohnt sich ja noch zu gehen. Dann bleiben 300 Hm Schlussanstieg das ist doch gut. Und oben am Grat ist es oft doch eher ungemütlich, windig etc. Und regnen soll es ja auch bald. Bis dahin sind die Ausblicke wieder mal sehr schön.




Langsam kommen doch Wolken.


Der See ist bald erreicht, ich finde ein schönes Plätzchen auf einem kleinen Vorsprung 2 Meter oberhalb des Wassers mit schönem Blick. Hier treffe ich auch fast alle, die heute auf der Etappe sind. Das junge Paar, sie sind Anfang 30, lässt sich direkt am Ufer nieder. Von den 6 Jugendlichen Biwakierern (naja vermutlich sind sie auch schon 20 oder so) sind nur noch 4 übrig geblieben, zwei Jungs, zwei Mädels, zwei weitere sind gestern wegen Erkältung heimgefahren. Die zwei jungen Frauen springen sofort ins Wasser. Sie schwimmen einmal durch den ganzen See und zurück, „Ist das HERRLICH“ schallt es über den See, bis zu meinem Liegeplatz. „So so HERRLICH! Das tut so gut!“ Soll ich doch noch rein? Irgendwie ist der Moment vorbei, wenn man das nicht gleich beim Ankommen macht… Es ist draußen nicht warm genug, mich lockt das kühle Nass gerade gar nicht. Die beiden Jungs stehen am Ufer und überlegen. Der eine guckt zu mir hoch und jammert: „Ich mag da aber gar nicht reingehen…“ „Das muss man doch auch nicht!“ beruhige ich ihn.


Der zweite will jetzt doch den Frauen nacheifern, er zieht sich schnell aus, lässt sich cool ins Wasser fallen, macht drei Schwimmzüge und plärrt „Ja pfui ist das eklig, also das ist ja so eklig, EKLIG EKLIG EKLIG.“ Wie ein kleines Hündchen paddelt er mit hektischen kurzen Schwimmbewegungen wieder zurück ans Ufer. „SOOO EKLIG, bäh, bäh, bäh!!“



Kurz drauf setzt leichter Niesel ein, der Wettergott scheint sagen zu wollen: Auf auf, jetzt aber weiter, ich muss jetzt auch mal wieder ein Gewitter machen, schaut dass ihr bis dahin über den Grat drüber kommt!“ Ein paar schwarze, edle Kühe nähern sich und wollen meinen Platz einnehmen, vermutlich IHR Platz. Auch Kühe lieben Seeblick!



Beim Weitergehen sieht man gut, was der junge Mann so eklig fand: Der ganze See ist komplett zugewachsen mit Algen und Pflanzen-Zeug, das bis kurz unter die Wasseroberfläche wächst und ihn wer weiß nicht wo alles gekitzelt haben muss…


Da wo wir alle vermuten, dass es weiter hoch geht, höre ich plötzlich Steinschlag. GAR nicht gut…es kracht ziemlich viel Felsmasse runter. Ich hab dem Mann versprochen umzukehren, wenn es heute auf der langen und schweren Etappe nicht geht oder wenn was gefährlich ist. Vom Himmel fallende Felsbrocken fiele wohl in letztere Kategorie…Die 4 Draußen-Schläfer sind schon vorgegangen, haben ihre bunten Regenhüllen über die Rucksäcke gespannt, so das man anhand der bunten Punkte auf grauem Stein gut sehen kann, wo sie gehen, und dass der Weg vor dem Steinschlag-Geröllfeld doch nochmal weg abbiegt. Also gut, los gehts, finaler Anstieg.




Uuuund die allerletzten Meter….

Oben am Grat ein kurzes Ausschnaufen, ich vermute, es ist der zweithöchste Punkt der Reise, oder zumindest nahe dran. Es ist 13 Uhr. Ich hab jetzt 7 h bis hier rauf gebraucht, inkl. einer Stunde Pause, aber trotzdem einfach krass lange. Ich mache meinem Ruf als langsamste auf dem GTA wieder mal alle Ehre. Der Pausenstop unten war gut gewählt - es ist wie erwartet kalt und windig, der Niesel wird stärker, richtig doll regnen tut es noch nicht, die Steine sind noch nicht richtig nass und rutschig. Aber die Wolken ziehen mehr und mehr zu und ich mache mich sofort weiter.



Ich habe mich ja gestern noch gefeiert, dass ich in über 4 Wochen noch gar nichts verloren oder liegengelassen habe. Jetzt gerade meldet mein Gehirn: „Du hast dein zweites (und letztes) Paar Bergsocken beim Trocknen an der Garderobe der letzten Unterkunft vergessen…“ Neiiiin. Ich wollte heute morgen im Flur kein Licht machen, um die „rauf gehts ja immer schnell“-Jungs nicht zu wecken, die das Zimmer nebendran hatten. Und dann hab ich sie übersehen und hängen lassen. Seufz… Na EIN paar Bergsocken für 5 Tage… das muss dann wohl reichen. Umkehren tu ich jetzt wohl nicht. Und ein paar „Schlafsocken“ hab ich ja auch noch.


Am Anfang ist der Weg noch gut und klar ausgebaut und markiert. Das ändert sich bald und heute ist ein Tag, da nervt das so sehr. Es regnet, man will nicht ständig aufs Handy schauen, es gehen von den umliegenden Almen viele sehr gut ausgebaute Viehwege ab, oft besser ausgebaut als der eigentliche Wanderweg, denen zu folgen ist aber falsch.



Die Jugendlichen hole ich auf dem Runterweg ein, sie stehen lange vor einem Wegweiser und diskutieren. Ob ich wüsste, wo es hier lang geht, fragen sie. Ich zücke mein Handy „Habt ihr keine GPS-Daten?“ frage ich die jungen Menschen verwundert. „Ne, das Handy ist ausgeschalten im Rucksack, wir haben keine Onlinekarten geladen. Wir können ja - wenn wir wie geplant immer draußen schlafen - eh das Telefon nicht aufladen. Wir machen das mit Papier-Karte und den Markierungen. Normalerweise klappt das schon so halbwegs. Aber hier wissen wir grad echt nicht weiter, es macht keinen Sinn, was da steht.“ Über uns fängt es plötzlich an, sehr sehr laut zu donnern. Verdammt.


Ich zücke mein Handy, „Da lang“, sie laufen voran. Kurz drauf geht mein wichtigster Begleiter - vermutlich inspiriert vom eben Gehörten, dass manche Handys gar nicht arbeiten müssen auf so einer Tour - in den Warnstreik. „iPhone nicht erreichbar, probier’s halt in 5,4,3,2,1 Minuten nochmal“ sagt es sinngemäß. Ein sehr schwieriger Moment für mich. Nach den abgelaufenen Minuten dieselbe Meldung. Ich schalte aus und an - seit der Handy-in-Alufolie-wickel-Hütte weiß ich ja wo der Ausschaltknopf beim neuen iphone ist - dieselbe Meldung. Es zieht Nebel auf, es gibt keinerlei Markierungen. Es donnert weiter sehr laut und direkt über uns. Gottseidank bislang keine Blitze.


Ich witzel ja immer, wenn ich je mein Handy verliere oder es kaputt geht, müsste ich in derselben Minute die Tour abbrechen und mich mit dem Hubschrauber abholen lassen. Jetzt grad find ich es gar nicht witzig, ich habe zum ersten Mal kurz Panik. Ich stehe am Anfang eines breiten, weiten Wiesenhanges, ein 180 Grad Spielraum, wo es lang gehen könnte. Ja runter, schon klar, aber ganz links, bisschen links, mitte, rechts? Und keine einzige Markierung in Sicht. Weit ins Tal sehen kann man nicht wegen der Wolken. Unten stehen die 4 Jugendlichen, sie diskutieren auch und halten ihre Karte in die Luft. Ich geb Gas um sie einzuholen, ich will jetzt echt nicht allein sein. Sie haben ein Schild im Nebel gefunden, Balme 1.50 h. „Die Zeit kann niemals stimmen, hoffen wir, dass es die Richtung tut.“ Wir halten uns in die Richtung, folgen dem Weg, der sich bald wieder verliert. Als ich mein Handy Dilemma schildere, meint einer „vermutlich ist dein Ladeanschluss feucht geworden.“ Als ich ihn abtrockne, geht es plötzlich wieder. Gottseidank!



Ich bin der Gruppe die letzte Viertelstunde hinterher getrottet, sie hatten nochmal auf die Karte geguckt und hier ist jetzt wieder ganz klar ein gut ausgebauter Weg. Als ich die komot-App endlich aufrufen kann, ist der blaue Punkt jedoch SEHR weit weg von der blauen Linie ….“äh Leute, wir laufen exakt in die falsche Richtung. Wir müssen da drüben runter, über den Fluss auf der anderen Seite…“ Alle stöhnen. Wir verlassen den perfekt ausgebauten Weg, tappsen unausgebaute matschige Wiesen runter um uns auf einem viel kleineren, schmalen, schlechter ausgebauten Weg wiederzufinden. Der ist aber richtig. Es nervt.


Irgendwann - da! Eine verwaschene Markierung, kaum sichtbar. Nach ca. einer Stunde ein Schild „Balme, 2:30 h“. Ja das macht jetzt zeitlich wieder mehr Sinn. Die Jugendlichen diskutieren, ob sie zu einem Biwak aufsteigen, das in die entgegengesetzte Richtung ausgeschildert ist. Wir verabschieden uns hier, airdroppen uns noch ein paar Fotos hin und her. Ich glaub, wir waren die letzten 2 Stunden alle froh, dass wir uns hier zusammengetan haben.



Der Wolken-Sonne-Bergmix verändert das Panorama minütlich und ist durchaus eindrucksvoll. Trotzdem möchte ich jetzt „ankommen“, der Abstieg hat nicht so viel Freude gemacht und der Aufstieg Kraft gekostet.

Hier, wo es viel einfacher wäre sich zu orientieren, ist jetzt wieder alles gut markiert. Auch im Aufstieg war alle 3 Meter markiert, ich wundere mich immer, wie sie das entscheiden und wer für welche Teile des Berges verantwortlich ist. Dass das soo unterschiedlich gut ist.

Bald ist Balme erreicht, kurz drauf im Ortsteil Cornetti dann der „Gourmettempel“ ausgeschildert.


Angekommen! Ich bin wirklich erleichtert. Es ist kurz nach vier, die beiden sportlichen „rauf gehts ja immer schnell“-Jungs sitzen schon seit halb 2 Uhr hier, sie sind eine Stunde nach mir losgegangen. Das junge Paar ist auch da, die beiden Protein-Damen müssten auch kommen, niemand hat sie aber heute gesehen. Ein Mann ist angekommen, die dazugehörige Frau wird vermisst. Ob ich sie gesehen hätte, werde ich gefragt. Nein, leider nicht.



Ich wurde beim Buchen am Telefon gefragt, ob ich ins Posto Tappa will, der offiziellen GTA-Unterkunft (meist ein Lager mit Stockbetten) oder in ein Zimmer. Da ich Zimmer gebucht habe, bin ich in einer alten Villa mit schönem Garten nebendran untergebracht. Jetzt kommt die Sonne raus, ich schnappe mir meine komplett durchtränkten Bergschuhe, die nassen Socken und einen Liegestuhl und lege uns alle hier in die Sonne.


Wäre echt cool, wenn die Socken, das einzig verbliebene Paar, bis morgen trocken ist. Die Bewohnerin der Villa ist superlieb und herzlich, sie spricht perfekt englisch, bringt mir Zeitungspapier für die Schuhe.


Ich sollte stolz sein, was für eine lange, schwere Tour bei nicht idealen Bedingungen! Ich ärgere mich aber eher, dass ich immer so so so langsam bin. Das wird auf dieser Tour einfach nicht besser. Ich nehme dem Mann das Versprechen ab, dass wir in den nächsten Wochen mal die Kramerrunde in Garmisch gehen, eine lange, höhenmeterreiche und wunderschöne Tour, die ich jedes Jahr zur Vorbereitung gehe und die eine gute Benchmark darstellt. „Aber ohne Gepäck!“ Ich brauche daheim einen „objektiven“ Vergleichsmaßstab, ob ich nicht doch fitter geworden bin. Aber jetzt muss ich los. Halb acht. Dinner-Time…


“Vergiss die Taschentücher nicht…“


Ja, die Sache mit den Erwartungen... Man sollte einfach gar keine haben.

Kommt man in Fondo an, in der Erwartung gleich verschimmeltes Essen serviert zu bekommen und dann stehen da ganz normale Nudeln mit Tomatensoße, ein Stück Käse und ne olle Nektarine, findet man das großartig. Kommt man in DEM Gourmettempel des GTA an, eines der Top 10 Highlights der 65-tägigen Gesamttour und hat schon zig Leute erzählen hören WIEEE phantastisch das Essen war, ja dann ist man, bzw. ganz konkret ich, irgendwie ein bisschen enttäuscht. Ein Normalo-Antipasti-Teller, Brennessel-Gnochi mit Käsesoße, ja mei grüne Punkte halt drin die man nicht groß schmeckt, sie sind sogar leicht zu weich. Der 100.ste Braten mit Kartoffeln und Soße, ist alles schon ok…



Aber ich warte ja eh nur auf das Panna Cotta. Aber wie immer wird in Italien lange gegessen, bis zum Nachtisch wird es noch eeeeeeeewig dauern.


Was hingegen ganz hervorragend ist, sind die guten Gespräche. Ich hatte nach Trennung von der pensionierten Lehrerin irgendwie erwartet, dass ich die letzte Woche ganz alleine unterwegs sein würde und jetzt sind hier plötzlich so viele. Die beiden Proteindamen sind aufgetaucht, die vermisste Frau ebenfalls („Ja mei ich brauch halt länger, na und?“) eine GTA-Geherin vom Ammersee, die schon fast den ganzen Südteil gegangen ist UND die aktuell gerade umgekehrt läuft und somit Auskunft über die nächsten Etappen geben kann (und über den Südteil) das junge Paar, die sind auch schon den Südteil gelaufen und sind eine hervorragend Quelle der Inspiration (für nächstes Jahr dann…), hier ist volles GTA-Haus, lauter total nette Leute. Die Altersgrenze hat sich komplett verschoben, hab ich bislang seit Paula und David überhaupt keine Gleichaltrigen mehr getroffen, sind plötzlich fast alle deutlich jünger. Das Paar mit der vermissten Frau ist gar kein Paar, sie haben sich auf dem GTA kennengelernt und laufen seitdem als Freunde gemeinsam, ich schätze sie auf mein Alter, erfahre dann aber sie sind schon über 60. Wahnsinn! Sie lacht „es hat Vorteile ein bisschen kleiner zu sein, da wird man immer jünger geschätzt.“ Wir plaudern über alle Tische hinweg, es ist echt eine schöne Wanderer-Community.


Und eine Hauptfrage, die alle umtreibt schwebt über dem Raum: Gehen wir morgen oder nicht? Es ist Starkregen gemeldet, es steht eine lange, erneut schwarze Etappe an (es ist schwarze Woche!) mit einem extrem steilen Abstieg, den man bei Nässe nicht gehen soll. Der Wirt findet es übertrieben was “die da in eurem Wanderführer schreiben“, da sei überhaupt nichts gefährlich. Er freut sich, wenn wir alle noch einen Tag bleiben, aber ich merke, er findet unsere Sorge übertrieben.


Es gibt auch einen alternativen leichteren Schlechtwetter-Abstieg in einen anderen Ort. Dann ist man aber halt in einem anderen Ort und Busse gehen ja Sonntags fast nie und ob man triefendnass beim Trampen mitgenommen wird, Sonntags wo eh alle zuhause bleiben? Fraglich. Umfahren kann man die nächste Etappe von hier theoretisch gut, nur morgen genau nicht, weil eben Sonntag, da geht kein einziger Bus aus dem Tal raus. Ein Tag Aussitzen/Pause und dann weiter geht auch nicht, weil es übermorgen noch schlechter werden soll, schier unglaubliche Regenmengen sind gemeldet und oben am Berg sogar Schneefall. Dann lieber gleich morgen. Ich bin grad sehr unzufrieden mit der Gesamtsituation und tendiere eher zu „ich geh trotzdem“. Oben gibt es ein Biwak, ganz zur Not kann man ja da bleiben. „Du weißt schon, wie krass kalt es jetzt nachts wird? Bist du dafür ausgerüstet?“ fragt jemand richtigerweise. In San Lorenzo vor ein paar Tagen hatte ich dem Wirt noch angeboten lieber draußen im Garten zu schlafen, für den Fall, dass er mich mit den Schnarchmonstern in ein Zimmer gesteckt hätte, jetzt geht drinnen in nem Biwak kaum mehr ohne Winterausrüstung. Die umgekehrt-Geherin vom Ammersee sagt, ja der Weg war schon krass steil aber man kann eigentlich nirgends groß abstürzen. Ok, denke ich, dann zieht man halt seine Regenhose an und rutscht die steile Wiese auf seinem Hintern runter. Ach ich weiß auch nicht. Ich beschließe, das morgen früh spontan zu entscheiden.


Und außerdem ist jetzt eh der Moment aller Momente. Das Dessert wird serviert…


Und das ist…


…völlig normal.


Ich würde fast sagen: Vor mir steht das gewöhnlichste Panna Cotta der Welt! Da sie irgendeine Kaffeesoße drauf tun, was ich nicht besonders mag auf Desserts, finde ich es sogar eher nicht so richtig lecker.


Ich bin so sehr enttäuscht! Und das nach diesem harten Tag!

31 Tage wandern "umsonst".


Gleich weine ich tatsächlich.


In stillem Protest lasse ich die Hälfte stehen.


2 Kommentare

2 Comments


Guest
Jul 16

Oh nein!!! Wie schlecht muss diese gekochte Sahne gewesen sein, wenn du sie stehen gelassen hast....😮


Wenn du mal die Fr. G. aus N. besuchst, macht sie dir ein superleckeres 😋

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Katharina Ehrhardt
Katharina Ehrhardt
Jul 16
Replying to

Deal!

Wobei ich glaube es war schon ganz okay, ich hatte nen harten Tag, war knatschig und die Erwartungshaltung ging SEHR hoch…

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