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Tag 4 GTA - Hochebenenhopping


Sonntag, 30.07.23

Alpe Devero nach Alpe Veglia, Unterkunft Albergo della Fonte (zauberhaft!!)

km 13,5 - Hm rauf 980 - Hm runter 850

Unterwegs von 8:30 Uhr - 16 Uhr - reine Gehzeit 6,5 h


Fangen wir von hinten an: Der Tag endete in einem Liegestuhl mit diesem Blick - in dem bezauberndem Bergdorf Alpe Veglia.


Elisa meinte gestern schon „das wird dir gefallen, Alpe Veglia ist das beste!“ und sie hatte recht.


Der Weg dahin: schon wieder in Kandidat für „den schönsten Tag“. Landschaftlich. (Konditionell hat er mir natürlich wieder etwas zugesetzt.) Es ging den ganzen Tag von Hochplateu zu Hochplateu, die Landschaft änderte sich laufend und zum Schluss ging es durch einen grünen Elfen-Zauberwald bis zu diesem magischen Ort hier.


Der Tag begann früh um 2:25 Uhr. Da war ich das erste Mal wach, mir war speiübel. Bitte lass mich nur etwas überfordert sein oder zuviel Wildschwein-Pasta gegessen haben, bitte bitte kein Virus. Neulich ging ja auf einer Allgäuer Berghütte der Norovirus rum und hatte sich schnell auf die umliegenden Hütten verteilt. Ein Albtraum!! MIr ist klar, dass ich es nicht schnell genug die enge Hühnerleiter runterschaffen würde, die von meiner Unterm-Dach-Kammer zum einzigen WC im Haus führt. Ich stehe also vorsorglich gleich auf, gehe ein paar Schritte, klettere nach unten, stelle beim Blick in den Spiegel fest, dass ich wirklich leichenweiß bin. Ich spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht und Nacken und gehe vor die Tür. Es regnet, die Luft ist klar. Ich sitze da und atme ein bisschen. Es wird besser.


Um 3 Uhr bin ich wieder im Bett und schlafe erstaunlich gut und tief. Karin wird beim Frühstück sagen „ist es nicht erstaunlich WIE ruhig es die ganze Nacht war?“ Obwohl die Wände gefühlt aus Papier waren (die Matratze auch), man abends aus allen Zimmern alles gehört hatte - plötzlich war es still. Als hätte jemand den Ton abgedreht.


Karin und ich frühstücken gemeinsam, sie muss zurück, ihre Tochter hat Geb. Schade, mit ihr hätte ich gerne noch ein paar Abende geplaudert, wir hatten gestern so einen schönen Abend, während wir auf das Essen warteten. Wir waren zweimal gebeten worden, ob wir den Tisch wechseln können, einmal von den Gastleuten, einmal von den 3 anderen jungen GTA-Wanderern, denen war es so nah am Ofen zu warm. Freundlich wie wir sind haben wir das immer gemacht und dann??? Sitzen wir an dem Tisch der als aller-aller-allerletztes zu Essen bekommen hat!! Karin arbeitet in einer Einrichtung mit Menschen mit Einschränkungen unterschiedlichster Art, sie hat also Erfahrung im Umgang mit Leuten, die ihre Emotionen nicht zu jedem Zeitpunkt optimal regulieren können….Es ist ihrem ausgleichenden, ruhigen Wesen zu verdanken, das kein Amoklauf geschah. Es wurde 20:05 Uhr bis ich meinen Teller Pasta hatte!! Trinken wir halt noch ein bisschen Rotwein gemeinsam.


Das ist hier anders als auf den anderen Touren, viele haben zwar den GTA Rother dabei, laufen aber nur 3 Tage oder so. Die junge 3-er Gruppe, die seit der ersten Corno Gries Hütte dabei sind, die steigen morgen, nach 5 Tagen, aus und fahren noch ein bisschen ans Meer. Viele Ehepaare, wenige Allein-Wanderer. Eher Urlauber, die einfach ein paar schöne Tage in den Bergen verbringen und weniger „Aussteiger“, die gerade auf der Suche nach den großen Fragen des Lebens sind oder vor beruflichen oder privaten Entscheidungen stehen. Irgendwo war noch ein Ehepaar, die waren am ersten Tag mit mir im Zimmer, aber seit dem seh ich die nur manchmal tagsüber irgendwo auf der Strecke.


Um halb neun laufe ich in Alpe Devero los (Elisa hat es als das Rimini der Alpen bezeichnet, weil hier jeder Italiener mal Urlaub macht) umrunde die Hochebene, passiere einen zweiten winzigen Weiler


bevor es dann an die ersten Höhenmeter aufwärts geht.

Der Blick zurück ist so schön, man sieht Alpe Devero nochmal wie es auf diesem Plateau liegt und sieht später sogar nochmal bis zum (kanadischen) Devero-See.



Mit der Alpe Buscana erreicht man die nächste Hochebene, die man ca. 2 km lang durchquert, links ein plätschernder Bach, rechts steil aufragende Felsen aus denen immer wieder Wasserfälle sprudeln.


Dann die nächsten Höhenmeter. Und die nächste Hochebene, die Zeit zum ausschnaufen und rundherumschauen gibt. Es ist so so so schön, den ganzen Tag, das Wetter hält gut. Irgendwann ist der höchste Punkt für heute erreicht, die Scatta d‘Orogna mit 2.461 m.


Von da an schlängelt es sich recht munter einen Grashang entlang, erst runter dann wieder rauf zum letzten Pass für heute, Valtendra, nochmal 200 hm aufsteigen, die man doch gerade erst nach unten gegangen ist. Ich nehme mir vor beim letzten Anstieg nicht zu quengeln, es gelingt so halb. Eigentlich sind die Höhenmeter heute wirklich zahm verteilt immer so in 200er Päckchen. Das Wetter ist trocken und kühl, es könnte nicht besser sein. Trotzdem zieht dieser Rucksack schon immer noch sehr beim Bergaufsteigen…

Da hinten noch einmal drüber… es sieht so leicht aus!

Kurz vor dem Pass liegen in kleinen Graskuhlen die italienische Vater-Sohn Kombo, wir hatten uns immer wieder gegenseitig beim Pause machen überholt, und noch 2 weitere, die sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und das Leben genießen. 3 Meter weiter verstehe ich warum sie genau da lagen: Kaum ist der Pass erreicht weht ein so unglaublich starker Wind, ich muss sofort meine Jacke rausholen und anziehen. Irgendwann setze ich die Sonnenbrille auf, damit mir nichts ins Auge fliegt. Es ist soooo krass windig!! Kurz überlege ich auf die andere Seite zurück zu klettern und auch Sonnen-Siesta zu halten, aber die Ruhe hab ich noch nicht.


Und der Blick ins vor mir liegende Tal ist schon wieder so ERHEBEND!

Ich merke, ich laufe schon noch ein bisschen mit (oder vielleicht auch gegen) die Zeit, weil ich es noch nicht so gut einschätzen kann, wie lange / wieviel länger ich brauche. Und manchmal dann fürchte, ich komme sonst nicht gar an, wenn ich jetzt zu lange rumchille. Aber das wird schon noch. Der windige Abstieg ist eine lange Weile steil, dann wird es grüner und lieblicher und Elfenwaldiger. Ich sehe schon wieder keine, aber das ist mir ja in Island schon nicht gelungen. Wo die ja angeblich ihren Hauptsitz haben.


Und was ich an dieser Stelle auch endlich mal klar erwähnen muss: Wie phantastisch hier alles markiert ist, ich habe noch kein einziges Mal mein Handy zücken müssen. Tue es natürlich manchmal trotzdem, aber sowohl der Zustand der Wege als auch die Markierungen sind wirklich vorbildlich!





Die Albergo della Fonte ist das aaaallllerletzte Haus im Ort (geographisch, kulinarisch das mit Sicherheit erste), aber es liegt so schön in der Sonne, ich hole mir dort im Liegestuhl den ersten Sonnenbrand meiner Tour, bekomme ein 5-Bett-Zimmer für mich alleine und erschrecke, als ich mich auf eines der Betten setze. Warum fühlt sich das so komisch an??? Dann realisiere ich den Unterschied: es ist eine echte Matratze, nichts womit man gemeinsam Richtung Boden sinkt, sondern Widerstand, sie hält mich!! Die Besitzerin drückt mir einen Zimmerschlüssel in die Hand, ich gucke sie fragend an? Was macht man mit sowas?? Es ist der erste Zimmerschlüssel meiner Reise. Ich will nicht unhöflich sein, nehme ihn und vergesse ihn auf dem Nachtschränkchen. Auf Fernwander-Rucksäcke muss man höchstens die ersten zwei Tage ein bisschen aufpassen, danach haben sie einen eingebauten Diebstahl-Schutz.


Die Dusche ist großartig, zum ersten Mal ist soviel warmes Wasser da, dass es zum Haarewaschen reicht!


Und das Abendessen? Das war das Beste der ganzen Tour bislang. Ich bin im Himmel!










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