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Tag 30 Salzburg – Triest: „Gehen Sie bitte an den Pool!“



Donnerstag, 29.07.21

Cormons – Jamiano, Unterkunft Hotel Pahor

Hm rauf 175, runter 220, gelaufene KM 15,5 – reine Gehzeit ca. 4 Std.


Beim Aufstehen wissen wir noch nicht, dass es heute schon die vorletzte Etappe sein wird. Ganz ohne Reservierung zu laufen ist im August selbst im Flachland (wo es eigentlich immer was gibt) doch keine so brillante Idee. Zumindest nicht in Meeres-Nähe, wo auch 15 km entfernt sich die Leute für 2 Wochen  „Strandurlaub“ eingebucht haben. Wir wissen auch noch nicht, dass es eine wunderschöne Teiletappe sein wird UND dass wir abends in einem echten Pool schwimmen werden.


Planmäßig  stünde eine ewig lange 8:30 Stunden und 33 km Etappe von Cormons bis Duino auf dem Programm. Leute, macht das nicht bei der Hitze!! Wir wollten planmäßig bis Medeazza, ca. 1 Std. vor Duino gehen und die ersten beiden Stunden mit dem Zug abkürzen. Dann bleiben 5 Stunden, das geht gut. Wir frühstücken und essen den köstlichen Schinken ,der gestern Abend schon als Vorspeise um eine süße Melone gewickelt war. Da war er auch schon so so gut.

Wir haben dann aber neben einem Berg Nudeln die Pizza nicht mehr ganz geschafft und wickeln sie jetzt in Alu-Folie. Das ist heute unser Picknick! Taxi gibt es keine in Cormons, der Kellner meint, er geht eh gleich zum Bahnhof, er begleitet uns. Von da kommen wir nach Sagrado und sind dann nach 15 Geh-Minuten wieder „auf dem blauen Strich“ und somit auf der Etappe. Das spart uns nicht nur 2 Stunden, wir vermeiden es so auch heute durch den Ort „Corona“ zu laufen, der läge auf den ersten Kilometern. Nein, da muss man nicht hin!

Wir plaudern uns mit dem afghanischen Kellner bis zum Bahnhof, er ist total hilfsbereit und als er hört wir wollen final nach Triest erklärt er uns , der Zug in den wir jetzt gleich einsteigen, der fährt doch nach Triest!! Wir müssen einfach nur sitzen bleiben! Irgendwie schaffen wir es nicht zu erklären, warum wir aber lieber noch 3 Tage durch die Hitze laufen wollen. Es ist 10 Uhr und schon sehr warm, ich hab für einen Moment die Gründe wohl selbst vergessen 🙂




Der blaue Punkt kommt aufgrund der Bahnstreckenführung kurz vom Wege ab, bleibt aber parallel.



In Sagrado steigen wir trotz der Triest-Information brav aus, gehen kurz an der Straße und am Isonzo Fluss  entlang (der in Slowenien noch Soca hieß) und kommen dann durch eine kleine Unterführung zurück ins Grüne.








Ein paar Höhenmeter nach oben stehen an, ein Schmetterling lässt sich am Ärmel des Mannes nieder. Irgendwann wechselt er auf seine Schulter, da hat man wohl bessere Sicht und lässt sich bis nach oben tragen, der kleine Faulpelz. Dann flattert er vergnügt weiter.





Ein paar Esel begrüßen uns, aber als wir nichts zu essen anbieten, trotten sie enttäuscht weiter. Wir vermuten, Esel sollen keine kalte Pizza essen.





2 Stunden später erreichen wir Doberdo, einen winzigen Ort. Neben der Kirche hängt ein …. Kondomautomat?? Ob in stummen Protest oder weil der Ort so klein ist, dass quasi alles „neben der Kirche“ ist, wissen wir nicht. Aber wir entdecken 2 Bars, eine davon steuern wir an für eine große Flasche Wasser, ein Glas Weißwein und ein Steckerleis. Das kleine Alpinisten-Mittagsgedeck.



(Infos die euch der Rother wieder vorenthält…)


Nach dieser ausgiebigen MIttagspause geht es nochmal ein bisschen hoch zum Besuchszentrum des Naturschutzgebietes, nach Gradina. Dort sieht man in der Ferne das Meer!



Es ist heiß, es geht durch Karstlandschaft vorbei am derzeit ausgetrockneten See Lago di Dobero. Mit ihm sind auch die Stechmücken, die sich hier sonst wohin in großen Scharen tummeln, weitergezogen.







Wege und Landschaft sind abwechslungsreich, ich rede mir ein, ähnlich wie in Australien, und da musste man erst noch 20 Stunden im engen Flieger sitzen, viel Geld dafür bezahlen. Das hier liegt quasi fußläufig zu unserer Wohnung!






Im kleinen Ort Jamiano haben wir die zweite Pause eingeplant, lassen uns im schattigen Garten eines Hotels nieder. Das leider noch geschlossen hat, aber der Besitzer kommt kurz vorbei, zeigt uns wo sein Wasserhahn ist. Kaltes Wasser! Schatten. Und – so fällt uns just in diesem Moment ein – wir haben ja noch eine halbe Pizza von gestern Abend im Rucksack… die haben wir gestern dann nicht mehr ganz geschafft. Ganz so appetitlich wie auf dem gestrigen Bild sieht sie zwar nicht mehr aus, aber wir haben jetzt doch ein bisschen Hunger.



Ein somit fast perfektes Picknick, nur Eis und Prosecco fehlen. Von hier wäre es jetzt noch eine Stunde zu unserem geplanten Zielort. ICH hätte ja genau jetzt eigentlich genug. Bis eben war es noch gut gehbar, abwechslungsreich und von der Anstrengung machbar. Jetzt hätte ich am liebsten Feierabend, es ist schließlich schon 15 Uhr. Und hier ist es so entspannt schön. Der Mann will weitergehen bis Medeazza, weil dann die Etappen wirklich perfekt gleichmäßig geschnitten sind. Und das schließlich der Plan war! Na gut, eine Stunde geht ja immer noch irgendwie. ABER, wir reservieren jetzt erst was, darauf bestehe ich, weil wenn es dann dort nichts gäbe und wir NOCH eine Stunde weiter müssten, ja dann würde ich sehr schnell sehr knatschig werden. Und das will niemand.


Es gibt eh nur zwei Unterkünfte dort und die sind schnell durchtelefoniert: Das Agriturismo Fruske ist voll, es ist Wochenende und sie haben nur 3 Zimmer. Das B&B Casa Rosmar gibt es seit dieser Saison nicht mehr, die Besitzerin hat das Haus kürzlich verkauft. Es gibt in diesem Ort auch einige Buschen-Schenken, das ist sowas wie der schwäbische Besen, wo an ein paar Wochen im Jahr Bänke aufgestellt und billiger Wein ausgeschenkt wird. Die sind laut googlemaps auch mit einem Unterkunft-Bett.-Zeichen versehen, das stellt sich aber als Irrtum heraus. Eine Besitzerin meint, sie versteht auch nicht, warum sie als Herberge eingetragen sind, es wird aber einfach nicht geändert. Ich bin nur froh, dass wir das alles einen Ort vorher feststellen, im Schatten, neben einem Wasserhahn. Auch in anderen Orten gibt es nichts. Ich würde ja wirklich gerne hier bleiben, rufe jetzt die Tel.Nummer an, die an der geschlossenen Hoteltür steht. Der freundliche Besitzer ist wieder dran, nein, sie sind auch voll. „Oh Bitte!!! Wir brauchen doch nur zwei Betten!! Alles ist voll!!“ quengel ich ins Telefon. „Na gut“ meint er. Ich soll in 5 Minuten nochmal anrufen, er guckt mal was er machen kann. 5 Minuten später hat er tatsächlich irgendwo in seinem Haus noch ein total schönes 2-Bett Zimmer gefunden. Für dass er einen bisschen höheren Preis aufruft, aber das ist uns in dem Moment egal. Ob wir dann aber gleich einchecken können, nicht erst um halb 6 wenn sie „offiziell“ wieder aufmachen. Ja ok, er kommt gleich rüber.


Und dann sagt er die magischsten Worte des Tages. Ob wir an den Pool wollen???? Ich bin überzeugt einer akustischen FataMorgana aufzusitzen, drehe mich suchend im Kreis. Wo soll denn hier ein Pool sein?? Das Hotel liegt an der Strasse, im Garten stehen Stühle und Tische, kein Pool. Mit sowas macht man keine Scherze!! Er baut gerade Ferienwohnungen, erklärt er, deutet auf eine Wohn-Nebenstraße, dort 50 Meter runter, das gelbe Haus. Die Wohnungen sind nur FAST fertig, es sind noch Handwerker da, aber der Pool ist schon badebereit. Die ersten Gäste kommen erst nächste Woche, also dürften wir gerne ausnahmsweise hin. „Woooo soll der Pool sein??“ höre ich mich inzwischen zum dritten Mal fragen. Ich kann das einfach nicht glauben! Er lacht, ist wirklich sehr geduldig, erklärt es nochmal:. „Sie gehen jetzt hier 50 Meter diese Wohn-Strasse runter, auf der rechten Seite ist ein gelbes Haus, da gehen Sie einfach die Treppen runter und da ist der Pool.“ Ich bin im Carmen-Modus, es ist zu heiß, mein Gehirn kann so komplizierte Sätze nicht mehr verarbeiten und ich kann mir das unmöglich alles merken. Ich gucke hilfesuchend zum Mann, will nicht noch ein viertes Mal nachfragen. Er nickt. Ich glaube fast, er hatte es beim ersten Mal schon verstanden. Der Hotelbesitzer muss jetzt wieder zu seiner Ferienwohnungs-Baustelle zurück, sagt er. Mit seinen letzten Worten ermahnt er uns: „Gehen Sie bitte an den Pool! So in einer halben Stunde!“ es klingt jetzt wirklich wie ein Befehl. Poolbesuch NICHT verhandelbar 🙂


Wir beziehen das großartige Zimmer, duschen schnell und dann will ich an den Pool. Aber der Mann braucht mal wieder EEEEEWIG seine Badehose zu finden und ich kann unmöglich noch eine Minute länger warten. „Ich geh schon mal vor!“ rufe ich. Und begebe mich auf das große Abenteuer ohne Mann und GPS Tracks den Weg zum Pool zu finden. 50 Meter die Strasse runter, gelbes Haus. Hier wäre mal ein gelbes Haus, aber ist es das richtige?? Es fühlt sich sehr verwegen an, in diese fremde Villa einzubrechen, die Treppen runter in den Garten zu steigen,  aber um die Ecke liegt er wunderschön vor mir: Der Pool. Das Pärchen, das schon drin planscht, scheint nicht die Polizei rufen zu wollen, sie beachten mich gar nicht. Ich scheine richtig zu sein. Und der so unerwartet entspannteste Nachmittag der Woche beginnt. Auch der Mann taucht kurz danach MIT Badehose auf, findet die Wassertemperatur das erste mal angemessen, wir schwimmen ewig, liegen im Liegestuhl, schwimmen wieder. Das ist so so so herrlich!!!






Der Hotelbesitzer winkt irgendwann vom Balkon runter „Einen phantastischen Pool haben Sie da gebaut!!“ rufe ich nach oben. „Der mit Abstand Schönste meiner Reise!“ Es ist nicht das typische Weitwanderer-Hotel, die meisten Gäste sind hier für „Strandurlaub“ und fahren halt nach dem Frühstück die paar km ans Meer. Er kann es daher auch gar nicht glauben, als wir ihm von unserer Tour erzählen. Wie lange wir unterwegs seien? Heute sei Tag 30, rufe ich nach oben. „30 Tage????“ er ist fassungslos. „Aber das ist ja ein ganzer Monat!! Also, wie z.B. der Juli! Ein ganzer Monat!“ Ja, wie z.B. der Juli. Mein diesjähriger Wander-Monat…:-)


Abends lernen wir auch die Tochter des Hauses kennen, es gibt keine Speisekarte aber viel Auswahl und sie hat ALLES im Kopf. Man sitzt so schön, es schmeckt großartig, der Wein ist so gut, alle sprechen deutsch. Und wir versuchen jetzt doch die letzten beiden Tage zu planen, stellen nach ca. 15 Telefonanrufen fest, dass auch auf unserem gesamten Weiterweg alle Unterkünfte ausgebucht sind. „Dann geht es wohl morgen schon nach Triest,“ sagt der Mann. Wie gut, dass unser letzter Abend auf Wanderschaft ein so schöner war!



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